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Philippsburg gebracht werden könnten, um bei dessen Befestigung Verwendung zu finden; entscheidend müsse dabei freilich die Kostenfrage werden[1]. Ob dieses technische Gutachten ergangen und wie es ausgefallen ist, wissen wir nicht. Offenbar aber ist die Entscheidung eben in jenen Tagen erfolgt: denn während Louvois am 19. November an Vauban das Ersuchen richtet, er möge sich selbst nach Heidelberg begeben, um dem König seine Ansicht darüber mitzutheilen, ob die dortige Citadelle zu rasiren sei oder erhalten werden könne, – (im ersteren Falle wünsche der König nur den kurfürstlichen Palast nicht völlig zerstört zu sehen[2], bemerkt Dangeau in seinem Tagebuch[3] bereits unter dem 26. November, der König habe den Befehl zur Zerstörung Mannheims abgehen lassen, nicht bloss der Befestigungen, sondern aller Häuser in Stadt und Citadelle, damit dieser Platz für alle Zeit der Benutzung der Deutschen entzogen werde.

Thatsächlich aber ist dieser Befehl damals nicht ausgeführt worden. Den Grund dafür vermögen wir nicht anzugeben. Galt derselbe bloss für gewisse Eventualitäten, welche nach dem Urtheil der mit dem Vollzug beauftragten Officiere noch nicht eingetreten waren? Ist es Louvois vielleicht doch nicht gelungen, die bei dem König obwaltenden Bedenken zu besiegen und bezieht sich Dangeau’s Tagebuchnotiz auf eine Ordre, die der mächtige Minister an dem einen Tag ausgewirkt zu haben glaubte, deren Vollzug nachher aber doch nicht durchzusetzen war? Denn auch späterhin sehen wir ihn mit den Scrupeln ringen, die den König von der Ertheilung so entsetzlicher Befehle zurückzuhalten drohten[4]. Wie dem aber auch sein mag, Louvois fuhr in der Verfolgung des von ihm entworfenen furchtbaren Plans unbeirrt fort und entwickelte gerade in den nächsten Monaten das System vorbedachter Wüstlegung alter Deutscher Culturlandschaften durch Brandstiftung und Mordbrennerei im grössten Stil. Auch hierbei

  1. Ebendas. – Rousset benutzt IV S. 164 diesen Brief aus dem Archiv des Französischen Kriegsministeriums, lässt aber den letzten, für seinen Helden so compromittirenden Theil (von dem Gebot des Geheimnisses etc.) ausser Acht.
  2. Rousset IV S. 166.
  3. Dangeau, Journal II S. 218.
  4. Vgl. Rousset IV S. 164: En attendant que les derniers scrupules du roi fussent levés u. s. w.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_263.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)