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Bauern aufgerieben sein. Montclar musste schneller der Rheinebene zustreben, als er beabsichtigt hatte, und in der zunehmenden Eile des Marsches fiel die von Louvois angeordnete Zerstörung nur sehr oberflächlich aus, so dass die davon betroffenen Städte sich in der Folge bald wieder erholten.

Mit dem neuen Jahre aber begannen die Leiden der Rheinischen Gebiete. Es ist nicht die Absicht, dieselben hier im Einzelnen zu schildern und an der Hand der zeitgenössischen Berichte die Schreckensscenen auszumalen, welche damals namentlich die gesegneten Gefilde von Worms und Speier bis hinab nach Bingen mit Mord und Brand, Raub und Gewaltthat, Elend und Jammer aller Art erfüllten und ihre entmenschten Urheber mit den Flüchen und Verwünschungen vieler Tausende und dem entsetzensvollen Abscheu der gebildeten Welt belasteten. Uns liegt hier nur ob, den Antheil nach Möglichkeit zu verfolgen, den Louvois als Anreger und Leiter, als Organisator und Kritiker an diesem unmenschlichen Werke genommen hat.

In der zweiten Hälfte des Januar 1689 begann die Zerstörung in und um Heidelberg. Bereits am 18. Januar wurde ein Theil des Schlosses in die Luft gesprengt; Gärten, Weinberge und Felder der Umgegend legte man wüst. Am 27. Januar brach Mélac nach Ladenburg auf. Da erschien in seinem Rücken ein Deutsches Streifcorps, und sofort machten die misshandelten Bauern Miene, sich gewaffnet gegen ihre Peiniger zu erheben. Desshalb kehrte Mélac um, und Ladenburg war für den Augenblick gerettet. In seinem Bericht darüber bemerkt Mélac übrigens ausdrücklich, den bestimmten Befehl, die Stadt niederzubrennen, habe er nicht gehabt, aber ein Schreiben de Tessé’s, das ihm den Tag zuvor zugegangen, sei doch dem Sinne nach darauf hinausgelaufen[1]. Darnach scheint es doch, als ob auch die von Louvois angewiesenen Generale den ihnen untergeordneten Befehlshabern geflissentlich einen gewissen Spielraum gelassen und es vermieden hätten, in dieser Sache Befehle auszugeben, die sie selbst verantwortlich gemacht hätten, wenn an höchster Stelle die Entscheidung schliesslich doch gegen Louvois’ Absichten ausfiel.

  1. Lettres milit. V S. 253: je n’avois pas positivement ordre de brûler la dite ville; mais la lettre du comte de Tessé, que j’avois reçue le jour devant, veut dire cela.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_266.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)