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Es war keine selbständige Gemeinde, auch kein Flecken, der durch eine Art von Synoikismus von vier Gemeinden gebildet wurde (Schmarsow), vielmehr ein Abschnitt der seit dem 13. Jahrh. in Lucca incorporirten Contrada Sta. Maria Forisportam und gehörte kirchlich wie noch heute zu St. Concordio. Dieses Stück Pulìa, auf dem, soweit es der sumpfige Boden der Gegend gestattete, einige Anwohner und Gehöfte sich befinden mochten (daher Barucottuli vir devotus de Apulia a. 747; Manus Sichiperti dapolia a. 789), war aber ausserhalb der Mauern an der Südseite der Stadt geblieben. Und zwar lag es in der ältesten Zeit (der Name mag lange vor 729 bestanden haben, vielleicht schon vor der Einwanderung der Langobarden, zur Gothenzeit) wohl mehr in grösserer Entfernung vor den Stadtmauern, die im Laufe der Jahrhunderte sich immer weiter vorschoben und allmählich Stücke dieses Terrains occupirten. Und daher wiederum in den für uns ältesten Lucchesischen Acten „de Apulia“ zur Bezeichnung der Provenienz von Zeugen, deren Wohnstätten sich damals auf dem Terrain Pulìa befinden mochten. Das hörte aber bald auf, und zur Zeit Nicola’s war Pulìa bedeutungslos.

Der Name der Contrada ist nach den Documenten zweimal Apulia (in den beiden ältesten Urkunden), einmal Dapolia (d’apolia oder da Polia?), am häufigsten Pulia. Und bezeichnend wiederum ist, dass in der ältesten Zeit die Form noch schwankt. Eben die lingua volgare ist noch im Werden. Der Process der Sprachbildung ist aber, was das Wort Pulia betrifft, zu Ende des 10. Jahrh. abgeschlossen. Von nun an wird nur Pulia geschrieben und Pulìa gesprochen. Das ist auch die amtliche Bezeichnung in den officiellen Luccheser Katastern von 1331 und 1412. Lautet aber die Form Pulia, so ist, wie jeder Romanist weiss, Apulia mit Betonung der Antepenultima unmöglich. Diese Accentuirung bewirkt nach Wegwerfung der Vorsatzsilbe die Mouillirung resp. Verdoppelung des l; also Puglia, franz. Pouille, mhd. Pülle (das i der vorletzten Silbe tritt in die vorangehende und bewirkt Umlautung des u zu ü; so z. B. bei Walther von der Vogelweide ed. Lachmann I, 28 von Rôme vogt, von Pülle künec; – püllisch, apulisch). Damit ist bewiesen, dass de Apulia in der Urkunde von 1265/66 nicht mit Pulia von Lucca identisch ist, und ebenso bezweifle ich auch die Form Pullia neben Pulia bei Arezzo. Die heutige Aussprache ist Pulìa, mit dem Accent auf dem i. Dieser Umstand, und dass die Form Puglia unbelegbar ist, bezeugt, dass zu

    von Prof. Bongi nach dem Original im Staatsarchive nebst 3 Facsim.) etc. – in loco Pulinio (a. 807); in ipso loco Polinio ubi Prandule residet (a. 810, 830) etc.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_365.jpg&oldid=- (Version vom 17.9.2022)