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Institute hinschleppen, dafür mag folgende Mittheilung als charakteristischer Beleg dienen. Es handelt sich in ihr um das Gesuch, gewisse Codices des 15. Jh. zur Benutzung für ein aus öffentl. Mitteln unterstütztes Unternehmen auf die Bibliothek oder das Archiv einer grossen Deutschen Stadt zu übersenden. Darauf sah sich der betr. sehr gefällige Bibliothekar pflichtgemäss genöthigt, Folgendes zu erwidern: „Nach unseren Bibliothek-Verordnungen können Sie die Codices nicht von mir unmittelbar, sondern nur durch Vermittlung Ihrer Gesandtschaft haben. Sie würden Sich an Ihr Staatsministerium zu wenden haben, welches seinerseits durch die Gesandtschaft mit [unserm] Ministerium in Verbindung tritt. Dieses gibt dann der Regierung von X entsprechenden Auftrag, von da geht’s an [eine geistliche Behörde] Y, dann an mich, und in umgekehrter Ordnung können Sie schliesslich in den glücklichen Besitz der Codices – freilich nicht baldmöglichst – gelangen. Es steht leider nicht in meiner Macht, eine Bibl.-Verordnung zu ändern, die ich nicht gemacht habe.“ Welch’ ein unglaublicher Aufwand von diplomatischer Vermittlung, welch’ eine Bewegung der Verwaltungsmaschine für ein solches Gesuch innerhalb des Deutschen Reiches! Mit den Bibliotheken mancher fremden Länder verkehrt sich ja von Deutschland aus bequemer, und wohlthätig sticht davon allerdings die Verordnung des Preuss. Unterrichtsministeriums betr. Versendung von Hss. ab, die wir im vorletzten Heft besprachen.

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Ein anderer dringend reformbedürftiger Punkt in den Benutzungsordnungen gerade einiger unserer grössten Verwaltungen ist die Versagung der Einsicht in Inventare u. Kataloge. Diese Bestimmung wird dem hilfsbereiten Beamten, der nun seinerseits recherchiren müsste, oft ebenso unangenehm und unvernünftig erscheinen wie dem Benutzer, oft auch wird sie irgendwie umgangen: die Repertorien werden zwar nicht eigentlich frei vorgelegt, aber der Benutzer hilft dem Beamten darin suchen. Damit ist beiden zwar z. Th. geholfen, aber doch nicht ganz; und jedenfalls ist es ein unerfreuliches und unwürdiges Verhältniss, das aber mit Nothwendigkeit eintritt, wo der Buchstabe der alten Ordnungen mit dem erfreulicherweise vorgeschrittenen Geist der Verwaltung in Widerspruch steht. Die den Preussischen und Baierischen Archiven vorgesetzten Behörden sollten also baldmöglichst dem Beispiel folgen, das sie u. a. in Sachsen vor sich haben und das dort gewiss zu keinen Missständen geführt hat.

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Archive. Ueber Fragen u. Aufgaben bei den Staatsprüfungen für den Archivdienst in Baiern unterrichtet ein Artikel von H. Bachmann (in der Archv. Z. N. F. 1, auch separat, vgl. Bibliogr. Nr. 692 a).

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Dem kgl. Sächsischen Hauptstaatsarchiv zu Dresden sind das aus über 1000 Originalurkunden bestehende Archiv d. Domstifts Meissen, sowie die Geschlechtsarchive der Familien v. Nostitz, v. Berlepsch und v. Carlowitz als Deposita anvertraut worden.

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Der im October 1887 durch A.-Rath Ermisch im städt. Archive zu Bautzen gemachte Urkk.-Fund (etwa 3000 Urkk.) ist vom Bautzener Rath u. den Stadtverordneten dem dortigen Gymn.-Oberlehrer L. Arras zur Ordnung und Regestirung übertragen worden. Die Arbeit wird voraussichtlich etwa 4 Jahre in Anspruch nehmen.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_405.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2022)