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über das Niederländische gibt Brunner[1] in dem vierten Bande der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte folgende Ausführungen: In den Friedloslegungsformeln der beiden Dingtalen von Dordrecht und von Südholland erscheint die Friedloslegung unter der Bezeichnung „tuntlaghen slants leggen“, welche dem Anglonormannischen utlagare entspricht. Derselbe Ausdruck findet sich auch anderwärts in Holland, z. B. in Heusden, also auf einem Boden, der zweifellos immer Fränkisch war. Im Friesischen kommt das Wort nicht vor, es kann nur Niederfränkisch sein und setzt die aus dem Nordischen, Friesischen und Angelsächsischen bekannte Wurzel lag mit der Bedeutung Recht (lex) voraus, welche hiermit auch für die Fränkische Rechtssprache nachgewiesen ist.

Ueber die den Nordgermanen fremde, aber allen Westgermanen gemeinsame Wurzel unseres Wortes Ehe, Gothisch aivs, dem Lateinischen aevum entsprechend, welche im Sinne von lex Althochdeutsch als êwa, Mittelhochdeutsch ewe, ê, friesisch als â, ê, Angelsächsisch als æw, æ und â, Altsächsisch als êo erscheint, vergleiche Grimm[2] und Grein[3].

Als Ausdruck für Gesetz, Norm begegnet uns endlich im Althochdeutschen wizôd, wizzut; Beispiele hierfür bringt Brunner aus der Capitularienübersetzung, wie: then vuizzut haue; thie theru seluern vuizzidi leuen; vuizzethahtia sala (Boretius, Cap. I. 381); im Gothischen vitoth, vitôp, Altsächsisch witod, Altfränkisch witut (vergl. Heyne, Altniederdt. Denkmäler, Glossar unter uuitut, uuitutdragere [legislator] und Graff I, 1112).

An Stelle dieser Ausdrücke, von denen sich in unserer Zeit nur das Wort Ehe in der sehr verengten Bedeutung von matrimonium und in einigen veralteten Zusammensetzungen bewahrt hat, ist in der Neuhochdeutschen Sprache das Wort Recht, im Lateinischen rectum, Mittellat. directum, drictum, Althochdeutsch, Mittelhochdeutsch und Altsächsisch, Altfränkisch, rëht, Friesisch riucht, Angelsächsisch riht, Altnordisch réttr, im Gothischen nicht vorhanden, getreten, welches nach Brunner verhältnissmässig jüngeren Ursprungs zu sein scheint und zunächst die durch die

  1. Brunner, Z. d. Sav.-Stiftg. f. Rechts-G. IV, 237.
  2. Grimm, Dt. Wörterb. III, 39.
  3. Grein, Angelsächs. Sprachschatz. I, 11. 63.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_007.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2022)