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zum ewigen Frieden, den Juristen auf die völkerrechtliche Literatur.

Es hat diese historische und etymologische Untersuchung der Worte Friede und Recht in Betreff des Begriffes Friede und hier wieder besonders im Sinne der Friedensbestrebungen des Mittelalters genau zu dem Endpunkte hingeführt, wie die rechtshistorische und rechtsvergleichende Untersuchung des Gegenstandes.

Untersucht man in diesem Sinne von dem oben geschilderten Standpunkte aus die Erscheinungen des Mittelalters, so erscheint die Ansicht derer als völlig unrichtig, welche im Fehderitter des Mittelalters schlankweg nach dem Geiste unserer Zeit einen Dieb und Räuber sehen, und die nach den jeweiligen Zeitverhältnissen so verschiedentlich gearteten Friedensordnungen als Rechtsordnungen in unserem Sinne betrachten, gerichtet gegen derlei Rechtsverletzungen. Von ihm aus erscheint vielmehr jene ganze Bewegung als ein „Kampf ums Recht“. Jene zahlreichen und in unendliche Schattirungen sich zersplitternden Friedensordnungen suchten jenes Gebiet, das bislang der persönlichen Macht zum Schutze überlassen war, mit einem Worte, das ganze Gebiet der Selbsthilfe mit all ihrem nicht geringen Anhängsel zu verdrängen und dafür einen allgemeinen rechtlich geschützten Zustand zu schaffen, in dem alle wichtigen menschlichen Beziehungen rechtlich geregelt sind und jede Eigenmacht und Selbsthilfe ausgeschlossen erscheint. Daher ihr eigenthümlicher Charakter, der weniger an unsere modernen Rechtsordnungen und Rechtssatzungen, als vielmehr an eine Art völkerrechtlicher Regelung gemahnt.


II.

„Friede“ und „Recht“ sind also nicht gleichbedeutend. Friede ist ein Zustand und Recht eine Ordnung. Friede ist der rein thatsächliche Zustand des Ruhens vom Kriege. Als dessen Stützpunkt erscheint die thatsächliche Macht. Recht ist selbst Macht. Recht ist das machtvertheilende Gesetz des menschlichen Gemeinlebens. Recht ist die anerkannte und durch die Gemeinschaft geschützte Ordnung der menschlichen Interessen. Das Recht schafft dann seinerseits einen Rechtszustand, in allgemeinerer Bezeichnung, und hierin beruht das beiden Begriffen Gemeinsame,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_012.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2022)