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Anerkennung der Fehde wurden die Beamten angewiesen, die Sühne zu vermitteln und denjenigen, der die Zahlung des Wergelds oder die Annahme der Zahlung verweigerte, vor den König zu bringen, der die Bestrafung des Widerstrebenden seinem Ermessen vorbehielt. Dem Ungehorsamen wurde insbesonders Verbannung bis zum Eintritt der Nachgiebigkeit, dem die Zahlung weigernden Todtschläger auch Vermögenseinziehung angedroht. Eine andere Neuerung ist die, dass die nach Volksrecht straffreie Fehde durch das Königsrecht mit der Strafe des Banns bedroht wird. Karl der Grosse droht für die faida als solche die Strafe des Königsbanns von 60 solidi, dann auch die Strafe von 100 solidi, ja durch das capitulare Saxonicum von 797 wurde dem König das Recht, eine noch höhere Strafe bis zu 1000 solidi zu verhängen, vorbehalten. Ueber das Verhältniss dieser Bestimmungen zu der volksrechtlichen Anerkennung des Fehderechts ist zu verweisen auf Sohm[1], Schröder[2], Brunner[3] und die dort angegebene Literatur.

Diesen Bestimmungen über Fehde entsprechen die analogen Bestimmungen über die Selbsthilfe im Privatrecht. Sowohl das Langobardische als das Sächsische Recht haben noch ein aussergerichtliches Pfändungsrecht des Gläubigers gekannt. Das Fränkische Königsrecht verbot die Ausübung desselben bei Strafe des Königsbanns. Karl der Grosse setzte in der capitulatio de partibus Saxoniae für Sachsen, Pippin in einem ungefähr gleichzeitigen Capitular für Italien die Bannstrafe auf die aussergerichtliche Pfändung[4].

Doch hat sich das Königsrecht auf die Dauer nicht durchzusetzen vermocht. So hat sich in Italien die eigenmächtige Pfändung trotz des königsrechtlichen Verbots erhalten[5]. Und in Nachfränkischer Zeit finden wir gerade in den alten Sitzen der Salfranken die Geschlechterfehde in vollster Blüthe[6].

Es konnten eben diese königsrechtlichen Reformen im Rechtsbewusstsein

  1. R. Sohm, Die Altdeutsche Reichs- und Gerichtsverfassung. Bd. I. Weimar 1871. S. 104 f. und Anm. 6.
  2. Schröder, Dt. Rechts-G. S. 343 f. und Anm. 76.
  3. Brunner, Dt. Rechts-G. I, 156 f.; 280 f.
  4. Sohm, Reichs- und Gerichtsverfassung. S. 105 und Anm. 7.
  5. Wach, Der Italienische Arrestprocess. S. 24 f.
  6. Brunner, Dt. Rechts-G. I, 281.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_017.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2022)