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Vorsatz einer Ermordung der Frau, die der Ehe Dudley’s mit Elisabeth hinderlich war, zeigt dasselbe kaum eine Spur. Ebensowenig verräth es von dem Glauben an Quadra’s Wahrhaftigkeit. Elisabeth – so schreibt Margaretha – ist jetzt der Versuchung ausgesetzt, Dudley zu heirathen; aber sie ist sehr veränderlich, ohne sich irgendwie Zügel anzulegen. Wenn man sie richtig behandelt, wird sie gegen Lord Robert sich ändern: König Philipp wolle desshalb Elisabeth ermahnen, einen Prinzen zu nehmen, dessen Verwandtschaft ihr Unterstützung leihen kann, wo möglich einen Erzherzog. Ist das, frage ich, ein Rath, den die Herzogin hätte geben können, wenn ihr Quadra’s Insinuation einer Mitschuld Elisabeth’s am Tode von Dudley’s Frau auch nur das Geringste bedeutet hätte? Es wäre dann ein Rath gewesen, der, wenn er befolgt wurde, so gut wie keinen Erfolg verhiess, und wenn er, wider Erwarten, guten Erfolg gehabt hätte, dazu führen musste, ein Mitglied des Hauses Habsburg einer Mörderin zu vermählen. Man kann nicht anders als annehmen, dass Margaretha von Parma durch Quadra’s Depesche nichts weniger als überzeugt worden ist, dass sie Dudley’s Schuld dahingestellt sein und vollends die angebliche Thatsache einer Mitschuld Elisabeth’s ganz ausser jeder Berechnung liess und als erträumt behandelte.

Kehren wir nach dieser nothgedrungenen Abschweifung zur Betrachtung der mehr heiteren Seite zurück, welche das Verhältniss Elisabeth’s zu ihrem Oberst-Hofstallmeister darbietet. Die Königin hatte ihn seit ihrer Thronbesteigung so augenfällig bevorzugt, dass es in Hofkreisen Aergerniss erregte und bald auch in Volkskreisen bekannt wurde. Es kam zur Ausstreuung von Gerüchten, welche zusammengefasst eine Skandalchronik ergeben, die aus Wahrheit und Dichtung gewoben und in diese ihre Bestandtheile nicht mehr zerlegbar ist. Elisabeth konnte nicht umhin, von dem Gerede der bösen Zungen Notiz zu nehmen, demselben entgegenzutreten, wenn es sich gar zu unbequem machte; doch es ward ihr die Erfahrung, dass sie zwar über die Herzen der Engländer herrsche, aber nicht über ihre Zungen, und dass es vergeblich sei, diesen Ruhe zu gebieten, während ihnen Stoff zur Bewegung immerfort geliefert wurde.

Einmal will die Königin dem Spanischen Botschafter so recht vor Augen führen, dass die Fama, welche sie und Lord

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_129.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2022)