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standen, sondern weil ihm bisher ganz entgangen war, dass einige Deutsche Forscher über einige Kaiserurkunden einmal etwas geschrieben hatten und weil er durch meine Arbeit erst davon Kenntniss erhielt zu einer Zeit, als es zu spät war, die Ergebnisse für sein Buch zu verwerthen. Herr Lahaye wendet sich nun nicht etwa gegen meine Vorgänger, soweit ich ihnen gefolgt bin, sondern lediglich gegen mich, einmal vermuthlich weil er nicht in der Lage war, sich umgehend ihre Bücher zu beschaffen, dann aber weil es ihm wahrscheinlich ungleich leichter schien, gegen meine Person, als gegen Gelehrte von solchem Ruf, wie Ficker, Sickel, Bernhardi und Giesebrecht zu polemisiren. Da nun Herr Lahaye in dieser seitenlangen Verlegenheitspolemik[1] – soweit überhaupt wesentliche Punkte in Betracht kommen – nicht ein erhebliches Moment vorbrachte und ich in den von dem Herrn Archivar von Namur angefochtenen Punkten nichts zurücknehme, so könnte ich mir gänzlich ersparen auf den Gegenstand zurückzukommen, wenn mir Herr Lahaye nicht in versteckter Weise den Vorwurf der Fälschung gemacht hätte.

Wenn meinem Gegner in der kleinen Belgischen Provinzialstadt die neue Ausgabe der Diplome Otto’s I. von Sickel nicht zu Gebote stand, so ist das für ihn als Geschichtsforscher der Ottonischen Zeit sehr schlimm, aber es wäre immerhin entschuldbar. Wenn er aber den Spiess umdreht und, statt sich wegen dieses Mangels zu entschuldigen, mir, der ich natürlich den von Sickel verbesserten Text benutzte, vorwirft, ich hätte die von den Ausgaben (Herr Lahaye kennt nur die schlechten) überlieferten Worte willkürlich verändert, so vermeide ich absichtlich jede Charakterisirung eines derartigen ungerechtfertigten Vorwurfs. „Nous ne pouvons donc pas“, sagt Herr Lahaye, „nous rallier à

  1. Um das Verfahren des Gegners zu charakterisiren, will ich nur auf einen Punkt hinweisen. Ich hatte gezeigt, dass Eilbert nicht in einer einzigen authentischen Urkunde des 10. Jahrhunderts comes genannt wird, zugleich aber selbst auf eine unedirte, in der Form sicher falsche Urkunde hingewiesen, in der das geschieht. Auf diese Urkunde beruft sich nun Lahaye gegen mich, ohne mit einer Silbe zu erwähnen, dass und warum ich sie für unecht erklärt hatte. Ferner führt er für die Behauptung, dass Eilbert von der Mit- und Nachwelt comes genannt worden sei, eine Reihe von Quellen an: aber die Quellen, in denen Eilbert als Graf erscheint, sind lauter solche vom Ende des 11. oder 12. Jahrhunderts und in der einzigen vom Ende des 10. oder Anfang des 11. Jahrhunderts, der V. S. Eloquii, die Herr Lahaye den Lesern vorführt – kommt Eilbert überhaupt nicht vor! Man erkennt, dass mit einer derartigen Argumentation alles möglich ist. So geht es durchweg. Meine Argumente werden entweder verschwiegen oder mit ein paar Phrasen wegdisputirt.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_157.jpg&oldid=- (Version vom 2.12.2022)