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werden diese Regesten, die Frucht langer und ausdauernder Forschungen, gute Dienste leisten, und die Einleitung ist, alles in allem, ein vortreffliches Stück geschichtlicher Darstellung, besonnen und elegant geschrieben; sie ist reich an neuen Anschauungen über die Geschichte des 12. Jahrhunderts. Seit Michelet dürfte der Charakter Ludwig’s VI. nie mit gleichem Glück gezeichnet sein und kein Geschichtschreiber mit gleicher Gründlichkeit die Ursachen der Grösse des Capetingischen Hauses erforscht haben. Ohne Frage ist es das beste Werk Luchaire’s; wir ziehen es selbst seiner Geschichte der Französischen Verfassung unter den ersten Capetingern vor. – Die Geschichte der Ehescheidung Ludwig’s VII. und Eleonore’s von Poitou ist noch immer wenig bekannt. Der Abbé Vacandard hat nun die Rolle, welche das Papstthum in dieser Angelegenheit spielte, untersucht; seine Resultate sind etwas unbestimmt und er scheint vergessen zu haben, dass im 12. und 13. Jahrhundert die Päpste in Angelegenheiten dieser Art sehr oft grösseres Gewicht auf die Anforderungen der Politik als auf kanonische Fragen legten[1]. Selbst die Rolle des hl. Bernhard in dieser Sache ist im Ganzen wenig bekannt. Uebrigens ist dies nicht der einzige Punkt, welcher in der Geschichte des Lebens und der Werke des berühmten Schriftstellers aufgeklärt werden muss; so zeigt z. B. Hauréau[2], dass die nach Angabe der Zeitgenossen von ihm verfassten Gedichte jedenfalls verloren sind und dass man dem Stifter von Clairvaux streng genommen keinen von den jämmerlichen Versen wird zuschreiben dürfen, welche unter seinem Namen von den sachkundigsten Editoren, selbst von Mabillon veröffentlicht worden sind.

V. Mortet’s Biographie des Maurice de Sully, Bischofs von Paris, Stifters von Notre-Dame und Reformators des Klerus der Diöcese, ist ein ausgezeichnetes Geschichtswerk[3]. Ein wissenschaftlich gebildeter Prälat wird uns hier gezeigt, der es versteht, mit der königlichen Macht auf gutem Fusse zu bleiben und seine Kirche weise zu leiten, dabei doch seine Tafelgelder vortrefflich verwaltet und gewaltige und kostspielige Projecte zu einem guten Ende führt.


Vom 13. bis Anfang des 14. Jahrhunderts. Universitäts-Geschichte. Die Bemühungen der Behörden um die Reorganisation des höheren Unterrichtswesens in Frankreich beginnen unleugbar ihre Früchte zu bringen. Die Geschichte der alten Universitäten steht bei den Gelehrten in grosser Gunst und wir haben auf diesem Gebiete

  1. RQH 47, 408–32.
  2. Vgl. Bibliogr. ’90, 2881.
  3. Vgl. Bibliogr. ’91, 364.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_196.jpg&oldid=- (Version vom 21.12.2022)