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Man hat dem Verfasser den Vorwurf gemacht, er habe zu schwarz gemalt. Mag dieser Vorwurf in gewisser Hinsicht begründet sein und Coville sich haben hinreissen lassen, die Angaben der Quellen zu sehr zu verallgemeinern: nichtsdestoweniger bleibt ein bemerkenswerthes und, wie es scheint, im Ganzen zutreffendes Bild bestehen. Weiterhin werden dann die vom Bürgerthum und den Gebildeten bewirkten, durch die Verordnung vom Jahre 1413 bestätigten, aber durch die Gewaltthätigkeiten des Pöbels und die Intriguen des Herzogs von Burgund, Johann ohne Furcht, wieder beseitigten Reformen dargelegt. Nie scheiterte eine so weise und so trefflich angeordnete Reform in einer so kläglichen Weise. Im 15. wie im 18. Jahrhundert und überhaupt stets führten die Ausschreitungen der rohen Volksmasse die Rückkehr aller Missbräuche und eine blutige Reaction herbei. – Die Abhandlung Dognon’s über Languedoc während der Jahre 1416 bis 1420[1] zeigt, in welchen Zustand das Land bald wieder zurücksank; durch einen neuen Aufstand aus Paris verjagt, musste der Dauphin, der spätere Karl VII., im südlichen Frankreich einen Stützpunkt suchen und, von dem Adel Nordfrankreichs verrathen, sich mit kaum noch Französischen Fürsten, wie dem Grafen von Foix, verbünden.

Jedes Jahr mehren sich die Forschungen zur Geschichte der Jeanne d’Arc. Wir haben noch mehrere Werke über diesen Gegenstand zu verzeichnen, aber die umfangreichsten sind nicht die bedeutendsten. Das Buch von H. Blaze de Bury, ein nachgelassenes Werk, dessen Herausgabe pietätvolle Hände für nützlich erachtet haben, ist ganz und gar werthlos[2]; der Verfasser war alles eher, denn ein Gelehrter, und das Publicum würde wohl gerne darauf verzichtet haben, seine Meinung über die Jungfrau von Orléans kennen zu lernen. – Das Werkchen Lesigne’s[3] ist nur ein Paradoxon; der Verfasser, ein hervorragender Philosoph, behauptet, dass Johanna gar nicht in Rouen verbrannt wurde, vielmehr aus der Gefangenschaft entronnen, später unter dem Namen Jeanne des Armoises wieder auftauchte, sich verheirathete und Familienmutter wurde. Wir würden dieses wunderliche Buch gar nicht anführen, hätten es nicht viele Journalisten, Französische wie fremde, ernsthaft genommen. – Die vier Bände des Capitän Marin[4] haben ebensowenig

  1. Vgl. Bibliogr. ’90, 2953.
  2. Vgl. Nachrr. ’90, 136 k u. Bd. IV, 185.
  3. La fin d’une légende. Vie de Jeanne d’Arc. Baylé. 152 p. 2 fr. 50; vgl. DZG IV, 185.
  4. Jeanne d’Arc, tacticien et stratégiste. Baudouin, 4 vol. 321; 330: 322; 324 p. à 3 fr. 50; vgl. DZG IV, 185.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_200.jpg&oldid=- (Version vom 21.12.2022)