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Florenz stets einen Theil seiner Bürgerschaft unter Waffen gehalten hätte, um die Grenzfesten besetzt zu halten und den plötzlichen Einfällen von feindlichen Reiterschaaren und fliegenden Corps mit Erfolg entgegenzutreten. Das war aber nicht nach dem Sinn der grossen Masse der Bürgerschaft. War diese auch wohl noch zu bewegen, auf einige Wochen sich aus einer gewerbetreibenden Bevölkerung einer Industriestadt in ein tapferes Kriegsheer zu verwandeln, so war sie doch durchaus nicht gewillt, diesen Kriegsdienst Jahre hindurch auf sich zu nehmen und sich im Sommer und Winter den Feinden zu stellen. Der Uebergang, der sich in der Cultur der Stadtbevölkerung im allgemeinen vollzog, und der darauf hinaus lief, überall grössere Stetigkeit und Gesetzlichkeit in alle Verhältnisse zu bringen und die Standesunterschiede auszugleichen, wirkte vor allem auf die Ausbildung des Militärwesens zurück. Wie man aber in der Ordnung der gesammten politischen Institutionen nicht zu der Idee einer wirklichen Repräsentativverfassung gelangen konnte, sondern bei der Bildung von politischen Körperschaften stehen blieb, die aus der Vertretung von kleineren, sei es localen, sei es berufsmässigen Corporationen erwachsen waren, so vermochte man auch nicht, nachdem sich die alte Ordnung des Kriegswesens mit den neuen Culturbedingungen als unvereinbar herausgestellt hatte, eine Organisation eines comunalen Wehrsystems zu schaffen, das die Vertheidigung der Heimath in neuen Formen auf die Schultern der Bürgerschaft gelegt hätte. Dem bedenklichen Auskunftsmittel, das bei den zurückgebliebenen Zuständen der Nachbarvölker nahe lag und das überall da ergriffen worden ist, wo rasch aufblühender Handel und Gewerbfleiss eine grosse pecuniäre Ueberlegenheit und eine einseitige Pflege dieser Ueberlegenheit hervorgerufen hat, ist auch Florenz erlegen: es nahm Söldner in seinen Dienst. Waren die Schaaren des tüchtigen popolo vecchio bei Montaperti vor allem den Streichen der kleinen reisigen Schaar, die König Manfred nach Siena entsendet hatte, erlegen, so suchte man jetzt, diesen gefürchteten Deutschen Geschwadern die Haufen von gemietheten Französischen und anderen „ultramontanen“ Reitern entgegenzustellen, die jahraus jahrein im Dienste der Comune den Angriffen der Feinde entgegentreten und bei grösseren Kriegsfahrten den Kern des Heeres bilden sollten.

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_242.jpg&oldid=- (Version vom 5.11.2022)