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keine auch noch so lebensvolle und kräftig aufblühende Stadt den praktischen Folgen desselben entziehen. Und waren es nicht gerade die Florentiner gewesen, welche, so viel an ihnen lag, der Kirche zu ihrem Siege über das weltliche Regiment verholfen hatten? Freilich hatten sie sich nicht der Politik der Curie auf Gnade und Ungnade ausliefern wollen, hatten gelegentlich den Päpsten Trotz geboten und sich sogar an so vornehmen Geistlichen, wie dem Abte von Vallombrosa vergriffen. Das aber hatten sie gethan, als der Kampf der Curie mit den Staufern noch nicht beendet war, und mit der Erschlagung eines vermeintlich Ghibellinisch gesinnten Abtes hatte die fanatisirte Masse wohl noch ein gottgefälliges Werk zu thun geglaubt. Jetzt aber, nachdem die Curie fast in ganz Italien Siegerin geblieben war und auch noch hoffen durfte, in Sicilien die letzten schwachen Sprossen des Staufischen Hauses zu knicken, mussten auch die Florentiner die Consequenzen ihres eigenen Thuns tragen und auf eine Herstellung geordneter Rechtszustände in ihrer Stadt, so weit der Klerus dabei in Betracht kam, verzichten. Der überlegene Florentinische Geist hat sich dafür an den Siegern gerächt, dass er sie durch Boccaccio der Welt auf ewige Zeiten lächerlich gemacht hat. Dante hat die letzten Gründe derartigen Streites grimmiger an ihren Wurzeln angegriffen, aber auch nichts ausgerichtet.

Viel günstiger als in diesem Zwiste mit der Klerisei lagen von vorneherein die Chancen der Bürgerschaft in deren Kampfe mit den Magnaten oder Granden der Stadt und der Grafschaft. Denn einmal hatten diese Vertreter der Germanisch-mittelalterlichen Gesellschaftverfassung keinen Rückhalt mehr an der Deutschen Kaisermacht, und dann hatte der Adel durch seine Streitigkeiten und Kämpfe untereinander sich so geschwächt und herabgebracht, dass er der geldmächtigen, nach einer durch Gesetze und nicht nach persönlicher Willkür regierten Bürgerschaft als Stand ganz unterliegen musste. Trotzdem dass jeder umsichtige Mann von Adel leicht wissen konnte, wohinaus die Entwicklung, welche die Stadt seit einem Menschenalter genommen, dränge, und dass man dem drohenden Untergang nur dann entgehen könne, wenn man sich einmüthig verbunden der drohenden Gefahr entgegenstelle, so herrschte jetzt nach wie vor der grösste Zwiespalt unter diesen dem Untergang geweihten

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_276.jpg&oldid=- (Version vom 7.11.2022)