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Der hier sich entzündende Kampf ums Recht, d. h. um die Herstellung geregelter Rechtszustände musste einmal ausgefochten werden. Es war dazu nöthig, alle von den Gewaltthätern Geschädigten zu zwingen, ihr Recht zu suchen und ihnen die Beschaffung von Zeugen zu erleichtern, den Uebelthätern aber jede Unterstützung durch Helfershelfer und durch säumige und pflichtvergessene Beamte zu entziehen. Es waren revolutionäre, unsichere Zustände, aus denen sich eine neue sociale Gestaltung der Gesellschaft und eine wenn auch immerhin unvollkommene Rechtsordnung entwickeln wollten[1].

Wie es nun überall in solchen Zeiten zu geschehen pflegt, dass, wenn einmal irgendwo ein Heilmittel gegen die vorhandenen Uebel gefunden zu sein scheint, dieses leicht überall zum Gebrauch anlockt, so mag wohl auch die Einführung der ordinamenta sacrata et sacratissima in Bologna ihre Rückwirkung auf Florenz ausgeübt haben. Bei der engen Verbindung, in welcher die beiden grossen Guelfischen Städte diesseits und jenseits des Apennin standen und die sich auch darin ausdrückt, dass

  1. Wie die sociale Lage zahlreicher Bewohner der Grafschaft von der Entwicklung der grossen Ereignisse abhing, mag aus folgendem Beispiel erhellen, das ich einer Provision vom 5. Oct. 1294 entnehme. (Delizie degli Eruditi Tosc. VIII, 282 findet sich ein Auszug hieraus, der aber die Namen der Einzelnen nicht enthält.) Nach der Schlacht von Montaperti hatten die Ghibellinen Castelnuovo d’Avane im Arnothale arg heimgesucht, die Pazzi hier viele freie Einwohner durch Drohungen und Gewaltthaten sich unterthänig gemacht und das auch durch einen Schiedsspruch des Durazzo di M. Guidelotto de’ Vecchiatti, eines Freundes des Bischofs von Arezzo und der Pazzi (s. oben S. 105), bestätigen lassen. Nach der Schlacht von Benevent und Tagliacozzo erhoben sich nun diese Bewohner von Castelnuovo gegen ihre Bedränger, die Pazzi zogen aber mit Heeresmacht gegen sie, liessen sechs Gefangene vor den Mauern der Stadt, die ihnen ihre Thore nicht öffnen wollte, hinrichten, worauf der Bischof Wilhelm von Arezzo zum Schiedsrichter gewählt wurde. Dieser erkannte natürlich für seine Vettern, und die Bürger von Castelnuovo bezahlten nun bis 1294 ihre Abgaben u. s. w. an die Pazzi. Nach der Einführung der Ordnungen der Gerechtigkeit wandten sich die Unterdrückten nach Florenz. Die Prioren machten jetzt kurzen Process, entzogen die Sachen den Gerichten, da diese auf Grund der beiden Schiedssprüche gegen die Castelnuovesen erkennen könnten, erklärten diese für freie Leute, schlugen die zwischen ihnen und den Pazzi schwebenden Processe nieder und bedrohten diese mit Strafen, wenn sie die Bürger von Castelnuovo fernerhin als ihre Vasallen ansehen und behandeln würden.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_281.jpg&oldid=- (Version vom 7.11.2022)