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nicht ein Handwerk wirklich dauernd betreibe und einer Zunft angehöre, und Niemand, der ein Ritter (miles) sei[1]. Damit war der Adel dauernd von der Betheiligung an der Signoria, der ein besonderer Bannerherr der Gerechtigkeit (vexillifer justitiae) hinzugefügt wird, ausgeschlossen[2]. Dieser Gonfaloniere wird besonders gewählt, hat aber Sitz und Stimme in der Signoria wie die übrigen sechs Prioren. Seine Aufgabe war die Aufrechterhaltung der Ordnung der Gerechtigkeit gegen die Magnaten mit der ihm jährlich zur Verfügung gestellten Schaar von tausend erlesenen Popolanen zu erwirken. Hatte man sich durch diese bewaffnete Truppe, die von der von dem Capitano befehligten Bürgerwehr der Zünfte streng geschieden ist, ein Instrument geschaffen, den Gewaltthaten des Adels entgegenzutreten, so liess man nun diese auch das Uebergewicht einer in den Besitz der Alleinherrschaft gekommenen Partei recht hart empfinden.

Jede Tödtung oder tödtliche Verwundung eines Popolanen durch einen Magnaten bestraft der Podestà mit Hinrichtung des Thäters und Zerstörung oder Einziehung seiner Habe. Ist dieser

  1. Eine der ersten Vorbedingungen des Sieges des Popolo über den Adel war die Einigkeit der Zünfte untereinander und der Friede innerhalb der einzelnen Zünfte. Daher finden wir das Bestreben der Signoria in dieser Zeit immer auf diese beiden Punkte gerichtet. Als die Zunft der Kaufleute di Porta S. Maria und die Seidenweberzunft 1288 in Streitigkeiten gerathen sind, mischt sich der Capitano ein und stiftet Frieden (Provision vom 5. August 1288). Als die reichen Kaufleute Abmachungen untereinander schlossen, die Preise der Waaren zu binden und die ärmeren Zunftgenossen zu drücken – wir würden sagen „Ringe“ bildeten –, wurde officiell hiergegen eingeschritten und Spione in den Dienst genommen, die derartige Verschwörungen aufspüren und anzeigen sollten (Provision vom 30. Juni 1290).
  2. Die übrigen Bestimmungen dieser Rubriken über die Wahl der Prioren, der Gonfalonieren di giustizia u. s. w. sind nicht von langem Bestande gewesen. Wenige Jahre darauf wurde erst am letzten Tage vor Ablauf einer Signoria, also am 14. des betreffenden Monats, der Wahlmodus für die am folgenden Tage stattfindende Priorenwahl festgesetzt, offenbar um Wahlmanöver nicht aufkommen zu lassen. Andere Bestimmungen sind hier nur aus früheren Consiglienbeschlüssen aufgenommen. So war die auch hier decretirte Ausschliessung eines Priors von der Wiederwahl auf drei Jahre festgesetzt, wie dieses schon am 27. Juli 1290 bestimmt war. Früher genügten zwei Jahre. Ich kann nicht auf alle Einzelheiten der Ordinamenta hier eingehen. Es kommt mir nur darauf an, die Bestimmungen hervorzuheben, welche die in ihnen zum Ausdruck gekommene politische Richtung besonders kennzeichnete.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_292.jpg&oldid=- (Version vom 8.11.2022)