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Mützen erklärten ihm feierlich, sie setzten volles Vertrauen in Ulrike, welche in den früheren Jahren hinreichend die Unzuverlässigkeit der Französischen Verführungskünste erprobt habe und desshalb ihre Hoffnungen stets allein auf die Russische Kaiserin setzen werde, wie sehr man sie auch Französischerseits zu einer Meinungsänderung zu bestimmen suche[1]. Gleichwohl konnte man sich am Petersburger Hofe nicht länger verhehlen, dass die Dinge in Schweden mehr und mehr einer schweren Krisis entgegentrieben, die für Russland um so gefährlicher erschien, als gleichzeitig auch die Frage der Polnischen Königswahl noch immer ihrer Lösung entgegensah.

Am 7. Sept. 1764 fiel in Polen die Entscheidung, indem der Russische Candidat, Fürst Stanislaus Poniatowski, zum König erwählt wurde, ein Ereigniss, dessen Rückwirkung auf Schweden nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Denn jetzt hatte die Russische Regierung wieder freie Hände, jetzt konnte sie von neuem eine active Politik in Stockholm beginnen und die alten Pläne zur Bildung einer „Nordischen Allianz“ mit verstärktem Eifer und erneuter Kraft in Angriff nehmen.

Der erste Gedanke einer „Nordischen Allianz“ wird Russischerseits dem Gesandten Baron von Korff in Kopenhagen zugeschrieben, der in seiner Depesche vom 7. März 1764 – wie er selbst sagt, nach mehr als zweijährigem Nachdenken – die Frage aufwarf, ob man nicht gegen den Bourbonischen Familientraktat, welcher wahrscheinlich binnen kurzem durch den Beitritt Oesterreichs noch einen weiteren Zuwachs erhalten werde, ein grosses Bündniss aller Nordischen Mächte unter den Auspicien der Kaiserin Katharina zu Stande bringen könne[2]. Wir selbst glauben freilich, dass nicht Korff, sondern Panin der Vater des „Nordischen Systems“ gewesen. Denn gleichzeitig mit dem steigenden Einflusse des letzteren sind die ersten Anzeichen eines

  1. Solowjew XXVI, 96 u. 97.
  2. Depesche Korff’s vom 25. Februar/7. März 1764. Solowjew XXVI, 105. – Prof. Hiärne in „Öfversigt af Sveriges ställning till främmande makter vid tiden för 1772 års statshvälfning“ (Upsala 1884) S. 9 Anm. 1 citirt eine Depesche Korff’s vom 28. Februar 1763 nach Solowjew XXVI, 110. Vermuthlich hat Hiärne die erste Auflage benutzt, während uns bereits die zweite, verbesserte zu Gebote stand. Alle Schlussfolgerungen Hiärne’s aus der Depesche vom 23. Februar 1763 sind natürlich hinfällig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_312.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)