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Schein meide und einen Unterschied zwischen denen mache, die ernstlich in ihrem Interesse arbeiten wollten, und denen, die durch eine perfide Sprache sie zu hintergehen trachteten[1].

Am 14. Juni Nachmittags 4 Uhr traf das Schreiben des Königs per Courier in der Schwedischen Hauptstadt ein und wurde noch am Abend von Cocceiji dem Oberkammerherrn Grafen Gyldenstolpe übergeben, einem von Ulrike häufig zu vertraulichen Aufträgen benutzten Führer der nach Beginn des Reichstags reorganisirten Hofpartei. Die Schwedische Königin war sich des Ernstes der Situation völlig bewusst, liess dem Preussischen Gesandten sagen, er möge sich ein wenig gedulden, da der Brief ihres Bruders „Dinge enthalte, welche Nachdenken erforderten“, und entbot, da Gyldenstolpe inzwischen erkrankt, ihre Vertrauten Sinklaire und Schwerin zu sich, um mit ihnen über weitere Schritte zu berathen[2]. Schlechter konnte sie freilich bei der Wahl ihrer Rathgeber kaum verfahren; denn gerade Sinklaire war es ja, dessen Beseitigung Katharina vor allem verlangt hatte, und der desshalb natürlich eine Wiederversöhnung zwischen Kaiserin und Königin unter allen Umständen zu hintertreiben suchte; und zwar mit gutem Erfolge. Denn in ihrem Antwortschreiben an Friedrich schlug Ulrike einen hochfahrenden, anklägerischen Ton an, bestritt die Echtheit der aufgefangenen Depeschen Breteuil’s, bezeichnete ihre angeblichen Unterhandlungen mit demselben als leeres Gerede und erklärte schliesslich, sie sei nur Gott und ihrem Gemahl, nicht aber auch der Russischen Kaiserin über ihr Benehmen Rechenschaft schuldig und werde niemals einen Eingriff in ihre königlichen Rechte dulden, welche ihr völlige Freiheit in der Wahl ihrer Vertrauten gewährten[3].

  1. Friedrich an Ulrike, 2. Juni. Fersen’s Hist Skrift. III, 331–33. Recht interessant ist auch das Schreiben Friedrich’s an seine Schwester vom 25. April 1765 (Fersen’s Hist. Skrift. III, 324–25), welches nach Ansicht Klinckowström’s vom Jahre 1762 (!) datirt sein soll. Dieser Brief, sowie Briefconcepte Ulrikens an ihren Bruder vom 12. Februar, 12. April und 23. Mai 1765 befinden sich unter den dem Stockholmer Reichsarchiv neuerdings überwiesenen Acten.
  2. Cocceiji, 14. Juni, und ein undatirtes Billet Ulrikens an Gyldenstolpe, in welchem es zum Schlusse heisst: „Dieu sait où tout cela nous menera!“ Stockholmer königl. Bibl.
  3. Das Concept abgedr. in Fersen’s Hist. Skrift. III, 333–35. –
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_337.jpg&oldid=- (Version vom 8.9.2022)