Seite:De DZfG 1891 05 354.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

seiner Idee eines Nordischen Systems entgegengestellt hatte, war, wie schon früher erwähnt, die andauernd heftige Spannung zwischen den Höfen von Berlin und London gewesen. Ja, der Hass gegen Preussen bildete einen so wichtigen Factor der damaligen Englischen Politik, dass eine Versöhnung der beiden Gegner als eine Herkulesarbeit, wenn nicht als gänzlich ausgeschlossen erscheinen musste.

In der That erwiesen sich die Russischen Vermittelungsversuche im Jahre 1765 als wenig wirksam. Denn das Grossbritannische Ministerium suchte, freilich vergebens, dem Grafen Panin zu beweisen, wie wenig Verlass auf den Preussischen König und wie nothwendig es daher für Russland sei, sich durch ein Bündniss mit England „zu stärken“[1], während Friedrich der Grosse eine solche Allianz unter allen Umständen vermieden zu sehen wünschte und beispielsweise nach Bekanntwerden des Russisch-Englischen Handelsvertrages dem Grafen Solms schrieb, es sei nicht im geringsten daran zu denken, dass er seinerseits neue Verbindungen mit England eingehen werde, bevor sich nicht ein „solider Ministerwechsel“ in London vollzogen habe[2].

Aber je mehr sich Graf Panin von der Abneigung des Preussischen Königs gegen England und überhaupt gegen ein „Nordisches System“ überzeugen musste, desto eifriger bemühte er sich, demselben die Nothwendigkeit und Nützlichkeit eines solchen Systems begreiflich zu machen. So äusserte er Anfang Februar 1766 zu Solms, nach seiner Ansicht müsse man in die Preussisch-Russische Allianz alle Mächte und Fürsten aufnehmen, welche zu Gegenmassregeln gegen die Pläne der Häuser Bourbon und Oesterreich ihre Hand bieten wollten[3], und wenige Wochen später erhielt der Günstling Katharina’s, der uns schon bekannte Kaspar v. Saldern, den Befehl, bei seiner Reise über Polen nach Dänemark in Berlin Halt zu machen, um dort König Friedrich zu den Ideen der Russischen Regierung zu bekehren, eine Aufgabe, die um so schwieriger erschien, als schon wenige

  1. Englischer Gesandtschaftsbericht, Petersburg, 20. September: bei Raumer a. a. O. III, 408.
  2. Friedrich an Solms, 5. September, Sbornik XXII, 408, vgl. Macartney an Grafton, 23. August/3. September, Sbornik XII, 219–20.
  3. Solms an Friedrich, 26. Januar/6. Februar 1766, Sbornik XXII, 429–30.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_354.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2022)