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siegreich; aber in dem Frieden vom Jahre 369 wurde wesentlich der alte Besitzstand beiderseits beibehalten, nur das Betreten Römischen Gebietes ward den Gothen streng untersagt. Danach lebte das frühere freundschaftliche Verhältniss wieder auf; die Gothen erbaten sich christliche Missionare, die ihnen, und zwar auf des Kaisers Wunsch Arrianer, auch zugeschickt wurden.

Valens konnte jetzt ohne Sorge sich den Armenisch-Persischen Verhältnissen widmen, die dringend seine Anwesenheit erheischten. Er hielt Hof in Antiochia, wo zufällig damals auch sein späterer Geschichtschreiber Ammianus Marcellinus weilte.

Da kam das Jahr 376. Ein wildes Mongolisches Reitervolk, von dem man bis dahin kaum gehört hatte, die Hunnen, hatte seine Heimath, die grossen Steppen Centralasiens verlassen und war in das Land nördlich der Donau hereingebrochen. Die Germanischen Stämme, welche dort sassen, hatten ihrem Anprall nicht widerstehen können, der alte Ostgothenkönig Ermanarich war gefallen, die Ostgothen zersprengt; von den Westgothen flüchtete ein Theil in das Karpathengebirge, ein anderer Theil unter den Gaufürsten Alaviv und Frithigern sammelte sich mit Weib und Kind am Donauufer und bat klagend um Schutz und Aufnahme in das Römerreich, Heeresfolge und Treue gegen den Kaiser gelobend. Zu Valens selbst ging eine Gesandtschaft ab, und dieser gab Befehl, unter bestimmten Bedingungen die Flüchtigen aufzunehmen und ihnen Gebiete in den entvölkerten Grenzlanden anzuweisen[1].

Man hat in alter und neuer Zeit mit einem durchaus falschen Schlusse aus den folgenden Ereignissen den Kaiser wegen dieser Entscheidung getadelt und darauf das kommende Unheil zurückgeführt[2]. Valens verfügte hier nur, was im Westen seit den ersten Anfängen des Kaiserthums Sitte war, Germanen in den Grenzprovinzen anzusiedeln, um mit Germanen Germanen zu bekämpfen. Noch jüngst hatte in Pannonien Constantinus der Grosse sogar einem Theil der Sarmaten, Constantius in Mösien Ulfilas mit seiner Christenschaar Land gegeben.

  1. Die Stellen bei Tillemont, hist. des empereurs. „Valens“ Art. XVII.
  2. Ammianus XXXI. 4, 4. 6: Socrates hist. eccl. IV, 34; Sozomenus hist. eccl. VI, 37; Eunapius Frgm. 42. 43 Müller; Gibbon, übers. v. Sporschil. (Leipzig 1837) Cap. 26 Sp. 855. 862.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_003.jpg&oldid=- (Version vom 13.11.2020)