Seite:De DZfG 1891 06 005.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihnen, als die Gothen in ihrer Wagenburg zauderten, die wichtige natürliche Vertheidigungsmauer der Balkanhalbinsel, die grosse Kette des Balkan, zu besetzen und zu befestigen. Aber während man im Winter rüstete und die Sperre durch Standlager am Fusse des Gebirges zu stärken strebte, gelang es den Gothen, durch Hunnische und Alanische Haufen verstärkt, am Meere durchzubrechen[1]. Es ist vielleicht kein zufälliges Zusammentreffen,

  1. Amm. 7. 8; Fasti (Idat.) z. J. 377. Die hier skizzirte Vorgeschichte des zweiten Gothischen Einbruchs ist trotz Ammianus’ unklarer Erzählung kaum anders zu denken. An dem Text der Erzählung muss nur 8, 1 gebessert werden. Ammianus berichtet vorher, wie der Gothische Herzog Frithigern beim Anrücken der Römischen Streitkräfte alle seine Leute in der Stellung am Halmyris-See sammelt (7, 7. 8), die unentschiedene Schlacht bei ad Salices (7, 10–16), den Rückzug der Römer auf Marcianopolis und die siebentägige Rast der Gothen in ihrer Wagenburg (8, 1), dann fährt er fort: ideoque oportunitatem milites nancti, immensas alias barbarorum catervas inter Haemimontanas angustias clauserunt aggerum objectu celsorum. Dieses alias ist, da die Westgothen bei ad Salices vereinigt waren und dieselben Westgothen später Durchbruchsversuche machen (8, 4), einfach sinnlos. Man muss mit ganz leichter Aenderung schreiben illas. Die Römer setzen lediglich ihren Rückzug von Marcianopolis fort und befestigen, während die Gothen von dem vorausgehenden Kampfe erschöpft in der Wagenburg bleiben, die Balkanpässe. – Die auf diese Ereignisse folgenden Bewegungen der Römischen Truppen lassen sich nur mit Vergleichung der Karte begreifen. Die Stellungen des Barzimeres in der Nähe von Debeltus (8, 9) und des von Gratianus gesandten Feldherrn Frigerith bei Beroea (9, 1) weisen auf eine planmässige Vertheilung. – Debeltus oder Dibaltus, unweit des heutigen Golfes von Burgas in Ostrumelien gelegen (Jireček, Archl.-epigr. Mitthh. aus Oesterreich X, 166 f.; 204), befindet sich ziemlich am Ende einer Strasse, welche bald hinter Philippopel die alte grosse Heerstrasse von Belgrad nach Constantinopel verlässt, um über Beroea, Cabyle dem Schwarzen Meere zu zu ziehen (tab. Peut. VII B. Desj.). Beroea, heute Eski Zagra, liegt an dem Punkte der Strasse, an welchem diese eine ausgeprägt östliche, statt der bis dahin verfolgten nordöstlichen Richtung einschlägt (Jireček, Monatsberr. der Berl. Ak. 1881 S. 446 ff.). In dieser Gegend mündet ausserdem der über den Schipkapass führende Balkanweg. – Die Römischen Truppen hatten also ihrer gewöhnlichen Taktik nach eine durch eine Heerstrasse verbundene Linie mit grösseren Abtheilungen besetzt. Wahrscheinlich werden wir Ammianus’ Worte (8, 5): quo cognito Saturninus (der von Valens gesandte Oberfeldherr) – iam enim aderat et praetenturas stationesque disponebat agrarias – paulatim conligens suos, digredi parabat consilio non absurdo: ne subita multitudo uti amnis inpulsu undarum obicibus ruptis emissus, convelleret levi negotio cunctos, suspecta loca acutius observantes dahin zu verstehen haben, dass Saturninus im Anschluss an Frigerith’s Stellung bei Beroea diese zweite
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_005.jpg&oldid=- (Version vom 4.1.2023)