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und lernen sie in Ausübung schiedsrichterlicher Thätigkeit im 7. Jahrhundert kennen[1]. Es sind die ringsumher wohnenden Nachbarn, die Angehörigen derselben Pfarrei[2], oder es werden die Gaugenossen[3] darunter verstanden. Immer hat der Ausdruck Bezug auf nachbarlichen Zusammenhang. Sie geben durch ihre Unterschrift gültiges Zeugniss, und ihr Urtheilsspruch wird einmal neben dem des Königs, wie es scheint als von gleicher Verbindlichkeit, genannt[4], wie wir ihn so viele Jahrhunderte später und in anderem Lande dem des Richters gleichgestellt sahen. Wir finden im Frankenreich um die Mitte des 8. Jahrhunderts[5] erwähnt, dass dem Bruder eines Ermordeten von dem Mörder Wergeld gezahlt wird, wogegen der Empfänger vor boni homines verspricht, jenen nicht weiter zu belangen, und wir lernten eben 400 Jahre später das gleiche Versprechen, in dem gleichen Falle ebenfalls vor boni homines gegeben, in der Grafschaft Florenz kennen[6]. Die Germanische Einrichtung dieser friedens- und schiedsrichterlichen Thätigkeit der boni homines hat eine ausserordentliche Langlebigkeit bewährt.

In den Gesetzen Langobardischer Könige (Ed. Roth. 146 „de incendio“) sind vicini bone fidei homines einmal erwähnt. In dem engeren Bezirk unserer Forschung finden wir boni homines zuerst im Jahre 790 genannt[7]. Vor judices und boni homines sollen die Aussteller der Urkunde, wenn sie die übernommene Verpflichtung nicht innehalten, drei- oder viermal zur Entschädigung aufgefordert werden. Wenn sie dieselbe nicht leisten, verfallen sie in Geldstrafe.

Das Vorkommen von boni homines in anderen Theilen Italiens als Beisitzer im Gericht des Kaisers soll nur flüchtig erwähnt

    Andegavenses ed. Zeumer, M. G. Leg. sectio V a. 514–15 u. 675–76. (Siehe dort p. 2.)

  1. l. c. form. 39 (p. 17).
  2. l. c. form. 31 (p. 14) „unde necesse fuit advocare vicinis circa manentis seu et universia parocia illa - - Proinde petiit ad ipsos boni hominibus – –“ Cet.
  3. Form. Marculfi 33 u. 34 (l. c. p. 63 seq.) ergeben beim Zusammenhalt die Identität von boni hom. u. pagenses.
  4. Form. Marculfi II, 9. – l. c. p. 80 (Ende 7. Jahrh.).
  5. Form. Turonenses l. c. p. 156.
  6. Vgl. S. 27 Anm. 1.
  7. Flor. 790 Juli 14 (Arch. dipl. Flor., Proven. Vallombrosa. Copie des 11. Jahrh.).
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_030.jpg&oldid=- (Version vom 16.10.2022)