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gewinnen, und wie er das zuwege zu bringen gedachte, können wir vermuthen, wenn wir erwägen, dass Rudolf seinen natürlichen Erben und Nachfolger, den Erzherzog Matthias, je länger desto mehr hasste, und dass Rosworm aufs heftigste mit diesem verfeindet war. Auch der Umstand, dass der Marschall ein Gut in Baiern verlangt hatte, um darauf nach dem Misslingen seines Anschlages zu wohnen, deutet an, dass er sich bewusst war, durch diesen Plan die Rache der Oesterreicher gegen sich herauszufordern.

Treffen diese Vermuthungen zu, so sehen wir Maximilian geneigt, mit der Anweisung für Viepeck den Weg sehr bedenklicher Ränke zu betreten. Das Schriftstück wurde indess wohl nicht ausgefertigt. Es ist auf der Rückseite an den Herzog zu eigenen Handen adressirt und also nur ein Entwurf[1]; Maximilian aber nahm nicht die geringste Aenderung daran vor, während seine Feder sonst bei wichtigen Actenstücken, welche ihm im Entwurf vorgelegt wurden, stets sehr emsig in Thätigkeit gesetzt wurde, wenn dieselben zur Verwendung gelangen sollten. Auch fehlt jegliche Spur, dass Viepeck, wie es die Denkschrift in Aussicht nahm, alsbald wieder nach Prag geschickt wurde. Soviel wir wissen, kam er erst im August 1605 dorthin, als Rosworm beim Kaiser in Ungnade gefallen und in Haft jenem Processe unterworfen war, der mit seiner Hinrichtung endete[2]. Wir müssen daher annehmen, dass Maximilian die Anweisung unbenutzt beiseite legte. Den in ihr unserer Vermuthung zufolge ins Auge gefassten Plan hielt indess, wenn nicht er, so doch Viepeck fest. Noch im October 1605 knüpfte dieser an Nachrichten über die Verstimmung Rudolf’s gegen seine Brüder die Bemerkung, jene dürfe wohl „desto mer befirderen die inclination, dahin J. Mt. wenden sich soll“[3].

Kurz darauf sprach jedoch Kurfürst Ernst endlich seine wahre Meinung über den Baierischen Kaiserplan offen und nachdrücklich aus[4], und wenn nicht hierdurch, so wurde Maximilian durch die Einsicht in die Reichsverhältnisse, welche ihm der

  1. Das bestätigt das „solte“ in der oben S. 66 Anm. 3 mitgetheilten Ueberschrift des Memorials.
  2. Stauffer 179 ff.
  3. Briefe und Acten V, 936 Nachtrag zu S. 846.
  4. A. a. O. 761 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_068.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2023)