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verstand, darüber klären uns die hier zum ersten Mal veröffentlichten Actenstücke auf. Schon Kurfürst Ferdinand Maria lenkte in Französisches Fahrwasser ein. Zwar verhielt er sich noch kühl ablehnend gegen die Anerbietungen, welche Herr von Vautorte bald nach Unterzeichnung der Westfälischen Friedensacte nach München überbrachte, und auch die – auffälligerweise im vorliegenden Bande nicht berücksichtigte – Sendung des Herzogs von Grammont, der 1657 den Kurfürsten zur Bewerbung um die Kaiserkrone ermuthigen sollte, schlug fehl. Doch bei Ausbruch des Revolutionskriegs gelang es Herrn von Gravel, mit Hilfe des Ministers Hermann Egon von Fürstenberg und des Vicekanzlers Kaspar von Schmid ein geheimes Abkommen zwischen Frankreich und Baiern zu Stande zu bringen, und seitdem dauerten die vertraulichen Beziehungen zwischen den Bourbons in Versailles und ihren Schützlingen an der Isar fast ununterbrochen fort. Baiern bezog reiche Subsidiengelder und vertrat dafür entweder als Waffengenosse oder doch auf Wahl- und Reichstagen das Französische Interesse. Zur Befestigung der Freundschaft wurden häufig eheliche Verbindungen von Mitgliedern der beiden Familien ins Auge gefast, doch nur die Heirathen der Schwester Max Emanuel’s, Maria Anna, mit dem Dauphin, und der Tochter Karl Ludwig’s von der Pfalz, Elisabeth Charlotte, mit Philipp von Orleans gelangten zum Abschluss. Das in den Instructionen gebotene Detail über diese und andere Verhandlungen gewährt mannigfaches Interesse. Da für die Geschichte Baierns, die ja z. B. gerade für die Zeit des Spanischen, sowie des Oesterreichischen Erbfolgekriegs im Vordergrund der deutschen Geschichte steht, bisher noch niemals die Pariser Archive benutzt wurden, erscheint jetzt erst vieles in richtiger Beleuchtung. Das gilt hauptsächlich von der Charakteristik der Törring, Preysing, Unertl und anderer einflussreicher Hof- und Staatsbeamten, über deren Politik und Privatleben den Gesandten die ausführlichsten und intimsten Mittheilungen zur Verfügung gestellt wurden. Erfreulich sind allerdings diese Enthüllungen nur in seltenen Fällen; nur allzu häufig stösst man auf Beweise für die Bestechlichkeit der namhaftesten Staatsmänner und Hofbeamten. Unter anderem erhellt aus der Instruction für de la Haye, dass der angesehene Kanzler Kaspar von Schmid, der als der eigentliche Leiter der Bairischen Politik in den Jahren 1667–1683 gelten kann, vom Französischen Hofe eine Jahrespension von eintausend Thalern bezog. Der Instruction für Herrn von Folard, der 1756 den wenig geneigten Kurfürsten Max Joseph zur Theilnahme am Krieg gegen Preussen bewegen sollte, ist ein Verzeichniss jener Geschenke und Pensionen beigefügt, welche die einflussreichsten Beamten und Hofdamen den Französischen Wünschen zugänglich machten. Auch der Kanzler Kreittmayr figurirt auf dieser

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_093.jpg&oldid=- (Version vom 9.1.2023)