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darunter 20 mittelbar und einer durch drei Zwischenglieder. Als die Engländer Irland und Wales eroberten, ward Bristol, bezw. Hereford Muster für dortige Stadtverfassung. In Schottland fand Newcastle einige Nachahmung. Verbrieft wurde solche Bewidmung mit fremdem Recht zuerst Gloucester, 1199. Die Tochterstadt liess sich oft von der Mutter deren Recht im Einzelnen mittheilen; und auf diese Weise gelangte Ortsrecht zur Aufzeichnung [wie in Deutschland; Schröder, Dt. Rechts-G. 636].

Die Schottische Stadtgeschichte entwickelte sich weit einheitlicher, weil der Staat mehr eingriff, und Leges burgorum codificirt wurden. Die Städte werden in königliche und baroniale mit oder ohne Jurisdiction eingetheilt; wie auf dem Festland bilden die königlichen Burgen einen Bund, lassen ihr Recht vom Römischen beeinflussen und erleben (im 15.–17. Jahrh.) den Kampf zwischen der aristokratischen Gilde und der Zunft, die Selbstverwaltung und Antheil am Stadtregiment nur theilweise von den Kaufleuten erlangt. Die Gilde, die Verfasser in 66 Städten, seit David I., nachweist, übt Handelsmonopol über eine ganze Landschaft, sie besteht, von der Stadt gesondert, mehrfach noch jetzt. Diese völlige Verschiedenheit von Englands Entwicklung erklärt Verfasser aus der Schwäche der Schottischen Krone, ihrer Französischen Politik seit 1306 und dem Einflusse Flandrischer Einwanderer.

Des Verfassers Ansicht von der Entstehung der Kaufgilde aus der Nachahmung der Nordfranzösischen nach der Eroberung theile ich nicht. Mindestens widerlegt er keineswegs, dass die Gilde den Familienschutz ersetze [man vgl. noch in der späten Kaufgilde die Erblichkeit der Genossenschaft und den Beweis durch Eideshilfe der Genossen], oder dass die Gilde unter Ine und Ælfred, unter Æthelstan und um 1100 nicht mit der späteren Kaufgilde wurzelhaft zusammenhänge. Wäre die letztere durch die Verbriefung erst geschaffen, so würde man sich unmöglich schon unter Sohn und Enkel Wilhelm’s I. auf die Zeit vor der Eroberung als auf Muster der Gilda mercatoria bezogen haben, auch nicht irrthümlich, wie Verfasser seiner Theorie zu Liebe annehmen muss. Gänzlich misslingt der Versuch, in Æethelstan’s Gesetz den wenigstens theilweisen Charakter eines Gildestatuts, die polizeiliche, communale Befugniss der Gilde, die Spitze des Bürgers gegen den Adel darin zu leugnen. Die Angelsächsischen Ausdrücke gildan, cepmanne-gilde, Gildhalle (-hus), wite, chepmannesela, scot, lot, morgespeke, alderman, eldestuard, eldefađ[r], (for)wardman, ferthingman wären höchst auffallend, wenn die Gilde aus Frankreich käme. „Tenere in gildam suam“ kann nicht forterklärt werden als „Besteuerungsrecht besitzen“ oder „gildscip“ als kirchlicher Sprengel. Und wäre es denkbar, dass zu Canterbury um 1107 das Domkloster, dessen Leiter ebenso wie die bezeugende Obrigkeit Französisch sprachen und Lateinisch urkundeten, einen Vertrag mit der Kaufgilde auf Angelsächsisch aufgesetzt hätte, wenn diese nicht eine Altenglische Einrichtung war? Immerhin wird für die fleissige Sammlung der Stellen und Ansichten auch über die Angelsächsische Gilde Jeder dankbar sein, selbst wer des Verfassers übrigens nur schwankend vorgetragene Meinung hier nicht theilt. [Vgl. u. Angelsachsen; Stadt.] Ebenso

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_120.jpg&oldid=- (Version vom 11.1.2023)