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fangen und erhält die Hälfte vom Vermögen des Diebes. Eine Versäumnissstrafe begegnet wenigstens später. Wer den flüchtigen Dieb schont wird friedlos, wer Gerüfte unterlässt, dessen Wergeld schuldig, wer Gerüfte versitzt, bussfällig. Der Staat geht activ gegen das Vermögen des Friedlosen vor. So lange der Friedlose im Asyl weilt, unterliegt er nur der Nahrungsentziehung. Der dorther Ausgelieferte gewinnt das Leben, wird mit Wergeld, Knechtschaft oder Gefangenschaft gestraft, und die Kirche minderte hier wie überall die Todesstrafen zu Gunsten von Bussen. Auf handhaftes Verbrechen stand Friedlosigkeit, bezw. Todesstrafe als deren Vollstreckung, auch ohne amtliche Justiz, durch den Verletzten oder durch den Richter ohne rechtsförmliche Klage. War die Friedlosigkeit zur Verbannung gemildert, so trat sie bei Bannbruch wieder voll ein. Das Fränk. Königthum erklärte den Treueid seines Unterthanen schon gebrochen durch Ungerechtigkeit und Ungehorsam, konnte daher fortan nicht mehr alle Fälle mit strenger Friedlosigkeit strafen, und errang also eine arbiträre Strafgewalt. Wer dieser verfiel, hiess, auch im Normann. und Agnorm. Tochterrecht, „in misericordia (merci)“ des Herrn; er erkaufte diese Gnade durch Amerciamentum, dessen Höhe später für viele Fälle fest bestimmt wird. Als Abspaltung der Friedlosigkeit steht Strafknechtschaft auf Sonntagsentweihung (die später nur Geld büsst), was Brit. Glaubensboten nach Alemannien überführen; sie trifft auch Frau und Kinder, mit deren Wissen der Vater stahl, den Dieb, den Hurer, den wegen Missethat dem Verletzten ausgelieferten Knecht. Ein Jahr lang kann die Sippe ihn lösen, sonst verliert sie den Anspruch auf Wergeld für ihn. Er konnte freigelassen (was die Kirche empfahl) oder verkauft werden. – 0Holmes in Arch. giuridico 42 (’89) behandelt die Verantwortlichkeit besonders mit Rücksicht auf Schadenszufügung durch Sklaven, Thiere und Sachen, die man ursprünglich dem Geschädigten herausgeben oder durch Geld lösen müsse (später dürfe), so dass auch wo eine Sache schädigte, ursprünglich Rache, später erst Ersatz geübt werde. So Kleinfeller, CBl Rechtswiss. IX, 185. – 0L. Günther, Die Idee der Wiedervergeltung in der Gesch. und Philosophie des Strafrechts. I: Das Deutsche Recht (’89) belegt den Talionsgedanken durch Aelfred’s Einleitung. Brunner weist dies ab, da Aelfred bloss die Exodus übersetzt; der Indogermane besass den Gedanken der Entsühnung; das German. Recht folge erst der Kirche, wie in anderen Rückschritten, zur Talion. – 0A. Blanchet, L’amputation de la main dans les anciennes lois monétaires [u. a. der Angelsachsen], Ann. soc. franç. numism. ’90, 226. – Schröder, Rechts-G., behandelt (p. 343) aus Angelsächs. Recht die nur wo Wergeld nicht erlangbar erlaubte Fehde, die Spurfolge hinter Gestohlenem (347), Bussgeld im Gegensatz zur Wita, die dem Friedensgeld entspricht (332). Der Halsfang, das Präcipuum für des Getödteten nächste Verwandte, scheine eine Gebühr für den Friedenskuss [?] (334), die Trennung der Erbsühne (die der Todtschläger der engeren Familie) von der Magsühne (die seine Sippe der weiteren Verwandtschaft des Erschlagenen zahlt), das irrig mit Delatura gleich gesetzte Meldfeoh und das Ersatzgeld neben der Diebstahlsbusse (337 ff.).

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_172.jpg&oldid=- (Version vom 13.1.2023)