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die Veröffentlichung der positiven Philosophie[WS 1] immer wieder hinausschob, mit der Hingabe eines nur diesen Studien lebenden Jüngers aus nachgeschriebenen Heften eine ungefähre Vorstellung der letzten Lehren Schelling’s zu bilden gesucht. Abgethan war indessen die Sache für ihn nicht, und es war nur natürlich, dass er, der auch in historischen Dingen wohlbewandert war, die besten Aufschlüsse von Ranke erwartete, dessen Schüler Dönniges ja in seiner nächsten Umgebung weilte. So verdanken wir, wenn ich nicht irre, jenem Winke Schelling’s die unvergleichlichen Berchtesgadener Vorträge, deren geistige Frische daran erinnert, dass sie auf einem der herrlichsten Punkte deutscher Erde entstanden sind, und es ist in doppeltem Sinne wahr, wenn Ranke damals seiner Gattin schrieb, der König sei der Erste, „der in der That etwas von Schelling gelernt habe und durch philosophische Bildung auf Geschichte und Religion der Menschen zurückgekommen sei“[1].

Schlägt man nun aber jene Vorlesungen in der Erwartung auf, dass Ranke hier endlich zu Schelling Stellung genommen habe, so ist man abermals enttäuscht. Der Angriffe auf die Geschichtsphilosophie der Hegelianer haben wir schon gedacht. Dagegen findet sich in der ganzen Einleitung nichts, was sich ohne Gewaltsamkeit auf Schelling beziehen liesse. Nur da, wo Ranke die Annahme eines unbedingten Fortschritts verwirft und den Satz aufstellt, dass grosse Erscheinungen ihrer Eigenart wegen nicht zu übertreffen seien, bezeichnet er den bekannten und auch wohl durch den König angezogenen Vergleich Plato’s und Schelling’s bei aller Anerkennung der philosophischen Verdienste des Deutschen für unzulässig[2]. Von den Juden heisst es später, sie hätten „die Idee von der Einheit Gottes – wahrscheinlich die Uridee der Urzeiten erhalten“, allein auch hierin ist Ranke nicht der bereits damals durch indiscrete Veröffentlichungen allgemein zugänglichen Philosophie der Mythologie gefolgt, sondern Creuzer’s „Symbolik“, die er in Frankfurt a. O. aus Anlass von Herodotstudien gelesen hat[3]. Nur ein einziges

  1. 1. October 1854. Lebensgesch. 366.
  2. Epochen S. 7.
  3. Epochen S. 15, vgl. Lebensgesch. S. 40. Dictat vom Mai 1869: „Creuzer’s Symbolik und Mythologie eröffneten einen Kreis des Wissens, der mir neu war; doch konnte ich auf diesem Wege nicht folgen, da sie

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Philophie
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_246.jpg&oldid=- (Version vom 22.1.2023)