Seite:De DZfG 1891 06 278.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ferdinand im tiefsten Geheimniss berathen sollte, wie endlich im Reich eine zuverlässige Ordnung hergestellt werden könne. Der beklagenswerthe Zustand desselben, welches sich seinem Kaiser versage, sei die eigentliche Quelle der unversöhnlichen Feindschaft Frankreichs, dieser Zustand aber entspringe aus den religiösen Wirren. Dieselben beizulegen und dadurch die kaiserliche Autorität wieder aufzurichten, sei desshalb von höchster Wichtigkeit. Frankreich habe alles Interesse, den religiösen Zwiespalt im Reiche zu erhalten, desshalb suche es auf jede Weise den Zusammentritt des Concils zu hindern. Der Papst habe dasselbe wohl ausgeschrieben, scheine jetzt aber aus Furcht vor Frankreich, oder auch aus seiner naiven Zuneigung zu demselben, an der Abhaltung des Concils irre zu werden. Der Kaiser wolle gewiss nichts gegen die päpstliche Autorität oder die heiligen katholischen Ordnungen thun; wenn aber der Papst in dieser seiner kühlen Gleichgültigkeit verharre, so erfordere der bedenkliche Zustand des Reiches, dass man andere Mittel in Erwägung ziehe. Held solle desshalb mit König Ferdinand überlegen, ob die Abhaltung des Concils ohne den Papst und Frankreich möglich sei. Lasse sich aber das Concil in Deutschland mit Zustimmung aller oder doch des grössten Theiles der Stände nicht durchführen, so müsse man prüfen, ob es einen anderen Weg gebe, um die vom Glauben Abgefallenen fest für den Kaiser und König Ferdinand zu gewinnen, indem man sie auf Grund des Nürnberger oder eines andern neu zu schliessenden Vertrages „für immer“ vor Gewalt sichere, „oder ob man eine National-Versammlung in Deutschland berufen und einige Dinge nachgeben soll, die für unsern Glauben nicht wesentlich sind, oder ob es andere Mittel gibt, um zu verhindern, dass die kaiserliche Autorität zu Grunde geht“.

In der That höchst erstaunliche Ideen! Ein Concil ohne den Papst oder gar eine National-Versammlung! Hat der Kaiser da nicht seine ganze bisherige Politik auf den Kopf gestellt? Es scheint so. Aber man übersehe nicht, dass diese geheime Instruction nicht Entschliessungen, sondere Fragen des Kaisers enthält. Held soll im tiefsten Geheimniss mit König Ferdinand erwägen, ob durch eines der angegebenen Mittel ein befriedigender Zustand im Reiche hergestellt werden könnte. Der weitere Verlauf beweist, dass Held neben diesen Fragen eine Reihe positiver

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_278.jpg&oldid=- (Version vom 22.1.2023)