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Georg verlebte seine letzten Tage in bitterem Schmerz: er sah sich von dem Kaiser, für den er ein langes Leben gearbeitet hatte, verlassen, auf die Wege der gehassten Gegner gedrängt. Die Baierischen Herzöge nahmen ihre Beziehungen zu dem Landgrafen um so eifriger auf, und Herzog Heinrich war ein verlorener Mann. Wer konnte jetzt noch dem Schmalkaldischen Bunde die Bahn sperren? Aber wenn des Kaisers Politik die katholischen Reihen vollends sprengte, so wusste sie auf der anderen Seite die Gegner zu verwirren. Da er wie in Rom so auch im Reiche seine Sache gern durch Männer von auseinandergehender Richtung vertreten liess, damit er sich je nach Bedürfniss bald rechts, bald links wenden könne, so erlagen die Protestanten der Täuschung, er sei ihnen gar nicht so unfreundlich. Dass Held ohne und gegen den Auftrag des Kaisers gehandelt habe, war ihnen gar leicht einzureden. Wie freundlich begegnete ihnen Lunden, und wie vertraulich wusste sich Naves zum Landgrafen zu stellen! War das Schicksal des Nürnberger Bundes auf der einen Seite ein schwerer Schlag für die Autorität des Kaisers, so erleichterte es ihm auf der andern die Vorbereitung des grössten Triumphes seines Lebens. Wichtiger als die Zusammenfassung der lahmen katholischen Stände war für den Kaiser die Lähmung des mächtigen Schmalkaldischen Bundes, und diese zu erreichen bot das Scheitern der Defensivliga ein vortreffliches Mittel.



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_300.jpg&oldid=- (Version vom 22.1.2023)