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Natürlich musste sich der König vor Berthold in irgend einer Weise gerechtfertigt haben; wie hätte Berthold sonst bleiben können. Thatsächlich hatte der König, da Markward eigenmächtig vorgegangen war, eine Rechtfertigung nicht zu geben. Schon das Auftreten Berthold’s in der Umgebung, von Lambert’s Motivirung abgesehen, beweist, dass der Herzog überhaupt keinen Verdacht in Betreff der Handlungsweise Markward’s oder hinsichtlich irgend welcher Beziehungen desselben zum Könige haben konnte[1]. Indem Lambert den König sich vertheidigen lässt, legt er demselben Worte in den Mund, die zufälliger Weise für unsere Anschauung der Dinge zutreffend erscheinen.

Die Schlussbemerkung Lambert’s, Berthold habe dem Könige nicht getraut, beweist uns schlagend, dass wir es der ganzen Erzählung gegenüber mit einem Machwerk Lambert’s zu thun haben. Wie wunderbar und für jene treulose Zeit einzig müsste uns der Charakter dieses Herzogs erscheinen, der, trotzdem dass er von der Hinterlist des Königs überzeugt war, doch für dessen Wohl zu handeln versprach und dieses Versprechen auch voll und ganz einlöste? Aber jenes Misstrauen Berthold’s ist nichts anderes als eine hier angebrachte Vorstellung unseres Autors; seiner Auffassung gemäss traut eben Niemand dem Könige. Man vergleiche mit dieser Stelle z. B. pag. 103 der Annalen; dort ist Rudolf von Rheinfelden von der Aufrichtigkeit der durch die Kaiserin bewirkten Aussöhnung mit dem Könige ebensowenig überzeugt, wie hier Berthold. Pag. 103: „certum tenens, non ex integro abolitas ab animo regis inimicitias, sed ademptam interim nocendi facultatem esse“ und pag. 117: „Ille licet haec ficta esse sciret et regis malitiam non tam voluntate quam fortunac violentia correctam esse“. Man achte auf den gleichen Gedankengang. Aehnlich auch pag. 259: „Nec tamen promittenti [sc. regi] temere fides habita est“.

Das Auftreten eines typischen Elements ist uns ein Beweis seiner mangelhaften Kenntniss.

So wurde hier ähnlich wie bei der Scheidungsangelegenheit Heinrich’s die eine falsche Auffassung, die Absetzung Berthold’s

  1. Heyck hat bei seiner Beweisführung dieses Moment ganz ausser Acht gelassen. Heinrich hatte ja gar nicht nöthig sich zu vertheidigen; damit fällt aber die Voraussetzung, dass Lambert’s Worte auf denen des Königs beruhen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_314.jpg&oldid=- (Version vom 23.1.2023)