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theils mit seinen Nachbarn, theils mit seinen grösseren Städten. Gewohntermassen hat der Herausgeber jeder Urkunde kurze erläuternde Bemerkungen vorausgeschickt.

H. Pirenne[1] machte zum Gegenstande seiner Studien nicht die Schlacht bei Courtrai (1302) selbst, sondern die verschiedenen Ueberlieferungen, welche sich schon frühzeitig über dieses berühmte Ereigniss bildeten. Er kritisirt die Darstellung der Schlacht durch den General Köhler in dessen Werk über die Kriegskunst der Ritterzeit und weist nach, dass sich von Anfang des 14. Jahrhunderts an ganz deutlich zwei Ueberlieferungen unterscheiden lassen: die Flämische und die Französische. Erstere liegt in drei Quellen vor, den Annales Gandenses, dem Spiegel Historiael des Lodewyk van Velthem und der im Kloster Clairmarais geschriebenen Fortsetzung der Genealogia comitum Flandriae. Die Französische Version dagegen findet sich in der Fortsetzung der Chronik des Wilhelm von Nangis, in der Chronik von Guiart bei Geoffroi de Paris, in dem anonymen Bericht über den Krieg zwischen Philipp dem Schönen und Guy de Dampierre (hrsg. von De Smet, Corpus chron. Flandr. 4, 472) und in den Récits d’un bourgeois de Valenciennes (hrsg. von Kervyn de Lettenhove. Löwen 1877). Die Französische Ueberlieferung schreibt die Niederlage der Truppen Philipp’s des Schönen bald der Treulosigkeit der Flamänder zu, bald dem Vorhandensein von Gräben, in welche die Reiterei hineinstürzte. Diese Tradition nun breitete sich sehr schnell über Europa aus und fand zuletzt auch in Flandern Eingang, wo sie die nationale Ueberlieferung vollständig verdrängte. Pirenne erklärt dieses interessante Kapitel der Flandrischen Geschichte in sehr eingehender Weise.

Die allmählige Vereinigung fast aller Niederländischen Provinzen hatte sich unter Herzog Philipp dem Guten von Burgund vollzogen; sie war indes nur eine dynastische, und die Organisation der verschiedenen Provinzen wies schroffe Gegensätze auf sowohl in politischer wie in rechtlicher Beziehung. Die Herzöge wollten ihren Besitzungen die nöthige Einheitlichkeit geben und gleichzeitig ihre Gerichte der Abhängigkeit vom Pariser Parlament entziehen. Deshalb errichteten sie den Grand conseil, der ein sehr wirksames Mittel zur Centralisation wurde. Ueber diese Frage hat J. Frederichs[2] unter Benutzung archivalischen Materials eine gute zusammenfassende Arbeit geliefert.

  1. Vgl. Bibliogr. ’91, 408 u. Bd. V p. 197 f.
  2. Vgl. Bibliogr. ’91, 2289.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 385. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_385.jpg&oldid=- (Version vom 25.1.2023)