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der Mitregentschaft und Thronfolge, namentlich aber den unerhörten Bruch mit einer tausendjährigen Vergangenheit, dass Rom aufhörte Residenz und dadurch Mittelpunkt des Reiches zu sein. Bald folgten Umgestaltungen der Provinzialverwaltung[1], des Steuer- und Militärwesens und, was ja nicht zu vergessen ist, der ganzen Hofetikette[2], fast jede dieser Reformen in mehreren immer wieder verbesserten Auflagen. Manche seiner Neuerungen waren geistvoll und zweckentsprechend, viele ganz oder halb verfehlt, alle von der kühnsten Rücksichtslosigkeit gegen das Bestehende. Vor Sitten und Einrichtungen der Vorväter hatte Diocletian zwar sehr viel Respect[3], namentlich soweit sie schon in der Väter Zeiten untergegangen waren. Was im Ersterben war, wie die alte Religion, suchte er zu stützen, was verschollen war, herzustellen[4]; aber was noch in vollem Leben bestand, schien ihm alles werth, dass es zu Grunde gehe. In den zwanzig Jahren seiner Regierung ist das Römische Reich gründlicher umgestaltet worden, als in den vorhergegangenen drei Jahrhunderten.

Denn diese revolutionäre Politik sich überstürzender Neuerungen ist nicht etwa vorübergebraust wie ein Sturm, nur Trümmer hinter sich zurücklassend. Was Diocletian erbaut hat, krachte war gleich von Anfang an in allen seinen Fugen und bedurfte eines ununterbrochenen Flickens und Besserns; aber diese baufälligen

    wieder abschaffte, um sie durch ein Goldstück von höherem Werthe zu ersetzen, ist nicht so selten, dass man glauben könnte, ihre Prägung habe nur wenige Monate gedauert (vgl. Zeitschr. f. Numism. XVII S. 41). Dazu kommt, dass mit dem Namen Maximian’s noch kein Exemplar sicher nachgewiesen ist; wenn also auch nach der Gewichtsübersicht bei Mommsen (Gesch. des Röm. Münzwesens S. 852) einzelne zu existiren scheinen, sind sie doch jedenfalls äusserst selten. Danach muss die grosse Masse dieser Goldstücke vor der Erhebung Maximian’s zum Augustus (Anfang 286) geschlagen sein und folglich ihre Prägung spätestens in den ersten Monaten 285 begonnen haben.

  1. Auch die Trennung von Militär- und Civilgewalt in den Provinzen fällt in die Frühzeit Diocletians, da Eumen. Paneg. II 3 schon im J. 289 iudices und duces unterscheidet.
  2. Die Adoration der Kaiser wird schon bei ihrer Zusammenkunft in Mailand (Winter 288/89) erwähnt, ist also auch in den ersten Jahren Diocletians eingeführt. Eumen. paneg. III 11.
  3. Coll. leg. Rom. et Mos. XV 3, 2 maximi enim criminis est, retractare, quae semel ab antiquis statuta et definita suum statum et cursum tenent ac possident. Vgl. VI 4.
  4. Vgl. Zeitschr. f. Numism. XVII S. 60; 62; 139; 143.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_049.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2023)