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Probe. Bei der Vicennalienfeier Diocletians (17. Nov. bis 18. Dec. 303) trafen die beiden Kaiser in Rom zusammen[1], und Maximian leistete im Tempel des Capitolinischen Jupiter feierlich den Eid, dass er bei seinem bevorstehenden Jubiläum dem Thron entsagen wolle[2]. So blieb denn nur die leichte Aufgabe übrig, künftig jedem Throncandidaten, ehe man ihn zum Caesar machte, eidlich die Verpflichtung aufzulegen, dass auch er die vorgeschriebene Zeitgrenze einhalten und seinen Nachfolgern den gleichen Eid abnehmen wolle. Wie viele sich dadurch gebunden erachten würden, war eine wohl aufzuwerfende Frage, die nur dem hoffnungsseligen Diocletian nicht in den Sinn kam.

Aber der Abdankungsplan bot noch eine andere grössere Schwierigkeit. Dass die Augusti unter einander und mit ihren Caesares in gutem Einvernehmen stehen mussten, war eine Nothwendigkeit, der sich Diocletian nach den Erfahrungen, die er mit den beiden Maximianen gemacht hatte, nicht verschliessen konnte. Mit Constantius vertrug sich jeder; auch den Constantin, dessen feuriges Temperament in harter Schule zur Besonnenheit und Schmiegsamkeit erzogen war, hätte sich Galerius vielleicht gefallen lassen: aber Maxentius hatte sich, in stolzer Sicherheit auf die erwartete Erbschaft pochend, immer so hochfahrend und übermüthig gegen seinen Schwiegervater betragen, dass er diesem noch verhasster war als sein Vater[3]. Dass ein gedeihliches Zusammenwirken zwischen dem Sohne und dem erklärten Feinde des Maximian nicht möglich sei, konnte Galerius dem alten Kaiser, über den er längst zum Tyrannen geworden war, ohne Mühe klarmachen. Was aber dem Leibeserben des Augustus recht war, musste dem Bastard des Caesar billig sein. Ohne Maximian aufs Schwerste zu beleidigen, konnte man Constantin nicht die Nachfolge übertragen, wenn man Maxentius davon ausschloss. So wurde denn wieder ein neuer Grundsatz proclamirt, der auch nicht übel klang, nur leider zu dem dynastischen Gefühl der Heere sehr übel passte. Nicht nach dem Zufall einer hohen Geburt sollten die Caesares bestellt werden, sondern nach freier

  1. Lact. 17; Zon. XII 32; Eutrop. IX 27, 2; Eumen. paneg. VI 8. Der Letztere nennt wohl deshalb das Jahr 304, weil am ersten Januar desselben Maximian sein achtes Consulat in Rom antrat, während Diocletian die Stadt schon einige Tage früher verlassen hatte.
  2. Eumen. paneg. VII 15.
  3. Lact. 18; 26; Vict. epit. 40, 14.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_075.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)