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Gattin, sogar gesetzlich strafbar. Ihre Kinder waren freilich Bastarde, doch scheint es, dass Constantius sie später heirathete[1] und seinen Sohn durch kaiserliches Rescript legitimiren liess. Jedenfalls ist die Rechtmässigkeit seiner Erbfolge auch von seinen Gegnern niemals angefochten worden. Bei den Soldaten vollends schadete ihm seine uneheliche Geburt nicht das geringste. Ihnen allen war ja eine Heirath gesetzlich untersagt, und da die festen Standquartiere, welche sie nur mit Unterbrechung der Kriegszüge ihre ganze Dienstzeit hindurch zu bewohnen pflegten, ihnen ein Familienleben sehr wohl gestatteten, so standen die meisten im Concubinat und sahen die Kinder, welche solchen Verbindungen entsprangen, durchaus als rechte Erben an. Dass sie nur durch Testament oder kaiserliches Privileg die Rechtsnachfolge ihrer Väter antreten konnten, that jener Anschauung gewiss keinen Abbruch. Vielleicht hätte das Legitimitätsgefühl der Soldaten die Söhne, welche dem Constantius von der Stieftochter Maximians geboren waren, um ihrer vornehmen Mutter willen bevorzugt, wenn sie damals nicht in zartem Knabenalter gestanden hätten. Da aber nur ein Mann sich auf dem schwerbedrohten Throne behaupten konnte, musste das Heer in Constantin den einzig möglichen Nachfolger seines Vaters sehen.

Gegen seine Mutter, die ihm bis fast an sein Lebensende erhalten blieb[2], hat der grosse Kaiser stets eine rührende Pietät bewiesen. Gewiss hätte ihm keiner einen Vorwurf daraus machen können, wenn er die niedrig geborene Frau vor den Augen der Welt verborgen und schonend in ihr Dunkel zurückgewiesen hätte. Statt dessen hat er ihr unzählige Statuen errichtet und errichten lassen[3], Münzen mit ihrem Bilde geschlagen[4] und Städte nach ihrem Namen benannt[5]. An seinem Hofe spielte sie die erste Rolle[6], und als sie durch ihren Sohn zum Christenthum bekehrt worden war[7], wurde ihr namentlich die Aufgabe zugetheilt, in

  1. Als Gattin des Constantius wird sie bezeichnet Anon. Vales. 1, 1; Eutrop. X 2, 2; Vict. Caes. 39, 25; epit. 39, 2; Zon. XII 31; 33; XIII 1; CIL. X 517; 1483.
  2. Euseb. vit. Const. III 46.
  3. CIL. VI 1134–36; VIII 1633; IX 2446; X 517; 1483; 1484 und sonst.
  4. Euseb. vit. Const. III 47, 2; Cohen VII², S. 93.
  5. Euseb. vit. Const. IV 61, 1; Hieron. chron. 2343; Chron. Pasch. ad a. 327; Sozom. II 2.
  6. Ueber den Einfluss, welchen man ihr zuschrieb, vgl. Zos. II 29, 2; Vict. epit. 41, 12; Euseb. vit. Const. III 47.
  7. Euseb. vit. Const. III 47, 2.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_083.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)