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seine leicht erregten Nerven ihm vorspiegelten, meinte er in persönlichem Verkehr mit seinem hohen Schutzherrn zu stehen[1], und die Geistlichkeit bestärkte ihn eifrig in diesem Glauben, nicht nur weil er ihr vortheilhaft war, sondern auch weil sie selbst ihn redlich theilte.

An der Wirklichkeit des Christengottes zu zweifeln, hatten die Heiden keinen Grund, da ja in ihrem Pantheon, das aus den Götterkreisen unzähliger Völkerschaften zusammengesetzt war, ein Gott mehr sehr gut Platz finden konnte. Nicht dass sie ihn anbeteten, wurde den Christen zum Vorwurf gemacht, sondern dass sie über seinem Cultus diejenige Religion, welche die Weisheit der Väter eingeführt hatte, gänzlich vernachlässigten. Und andererseits leugnete kaum ein christlicher Bischof, dass Apoll die Zukunft verkündigen könne und Asklepios wunderbare Heilungen vollbringe, so gut wie die Gebeine der Märtyrer. Sie galten ihm eben als böse Dämonen, deren Gewalt zwar hinter der des höchsten Gottes weit zurückstehe, aber an sich keineswegs

    Hasse, wie ihn die christlichen Schriftsteller nicht genug zu preisen wissen. Hat er doch sogar in Gesetzen sich nicht vor der öffentlichen Erklärung gescheut, dass bei Verleihung gewisser Privilegien an einzelne Orte das christliche Bekenntniss der Bewohner für ihn bestimmend gewesen sei (Hermes XXII S. 317; andere ähnliche Fälle bei Euseb. vit. Const. IV 37; 38). Eine unzweideutigere Parteinahme ist doch kaum möglich. Die vielbesprochene Inschrift von Hispellum (Henzen 5580) beweist nichts dagegen. Denn wie aus dem ganzen Zusammenhange hervorgeht, ist das Templum Flaviae Gentis weiter nichts, als ein Versammlungslocal für die neu eingesetzten Spiele, und in der Stiftungsurkunde verbittet sich der Kaiser ausdrücklich, dass das Gebäude durch irgend welche heidnischen Culthandlungen befleckt werde (ne aedis nostro nomini dedicata cuiusquam contagiosae superstitionis fraudibus polluatur). Wie man selbst an dieser Clausel hat deuteln können, ist mir ganz unverständlich.

  1. Eumen. paneg. IX 2: habes profecto aliquod cum illa mente divina, Constantine, secretum, quae delegata nostri dis minoribus cura uni se tibi dignatur ostendere. Dies ist von einem Heiden gesagt, aber von einem solchen, der sehr genau wusste, was Constantin gern hörte. Es zeigt daher, wie sich der Kaiser selbst sein Verhältniss zur Gottheit dachte, nur dass dessen Auffassung den religiösen Anschauungen des Redners gemäss aus dem Christlichen in’s Heidnische übersetzt ist. Wir haben also hier und entsprechend bei Nazarius (paneg. X 16) eine vollgiltige Bestätigung für die Angaben der christlichen Schriftsteller (Lact. de mort. pers. 44; Euseb. laud. Const. 11, 1; 18, 1; vit. Const. I 47; II 12), deren Zeugniss an sich ja verdächtig sein könnte. Auch die Gründung Constantinopels wurde durch ein Traumgesicht beeinflusst, was nicht nur Sozomenus II 3, sondern auch der Kaiser selbst (Cod. Theod. XIII 5, 7 iubente deo) bezeugt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_092.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)