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Rathhaus); Wichtigeres gehört noch vor die Norfolker Grafschaft, der der Sheriff auf der Burg zu Norwich vorsitzt. Seit 1223 regiert sich Norwich durch 4 Ballivi (jedes Leet wählt einen), die der Krone für die Stadtpacht haften, scheidet aus dem Gerichtssprengel des Sheriffs aus, und jene 4 urtheilen in einem eigenen Hundertschaftsgericht coram communitate in Tolboth. Die vier Leets zerfielen wieder in je 3 Kleinbezirke; in deren jedem hielten die Ballivi Leet, d. h. sie inspicirten Freibürgschaft u. bereiteten die Criminaljustiz vor durch Rügejury aus den zwölf Zehnschaftsvorstehern. (Folglich musste Norwich mindestens 144 Zehnschaften enthalten; 1288 rügten 150, und 1307 umfasste jede Zehnschaft mehr als bloss 10 Verbürgte [also über 8000 Einw.]). Um 1250 steht die Communitas der politisch noch gleichen Hausbesitzer unmittelbar unter den Ballivi; sie siegelt mindestens seit 1285. Ballivi und Ausschuss regeln ohne Kaufgilde Handel und Verkehr und setzen den „Aldermannum hansie“ ein; Hanse heisst hier die im Aussenhandel thätige Communitas. Die spätere Verbindung der religiösen Georgsgilde mit der Stadt sei belanglos. Gewerke unter je einem Alderman, von der Krone, soweit der Stadt schädlich, verboten und nie privilegirt, wurden von den auf die Zunftgerichtssporteln neidischen Cives verfolgt. Um 1270 ersteht die Oligarchie: Reichere, nach aussen mehr Gewähr bietend, von Freibürgschaft eximirt, nehmen anfangs thatsächlich, bald kraft Vorladung, allein an der Stadtversammlung Theil und bilden dann allein die Communitas. Civis (oder Par civitatis, was um 1300 verschwindet) heissen um 1290 nur noch 150 Kaufleute und Tuchmacher; diese zahlen Eintrittsgeld und Gemeindeschoss und sind „de libertate“ (nämlich des Handels), daher Freemen. Auch Hausbesitzer, die sich nicht in jene Communitas einkaufen konnten, blieben Extranei, ohne Antheil am Regiment und Handel. Seit etwa 1350 wählt jene aristokratische Communitas jährlich aus jedem Leet 6 Cives, lässt durch diese Oligarchie von 24 Probi homines die Ballivi ernennen und beschränken, und begibt sich sonstiger Thätigkeit. 1403 ahmt Norwich, nun auch formell aus der Grafschaft geschieden, in Folge von Classenkampf unnatürlich London nach. (Dessen „Freiheit und Gebrauchsrecht“ liess sich N. zwar schon 1194 von der Krone verleihen, aber nur um die eigene Verfassung an Werth und Festigkeit der Londoner gleichzustellen, nicht ihr nachzubilden). Fortan nannte es das Zollhaus: Gildhalle, die Leets: Wards, die 24: Aldermen. Diese 24 behalten zwar ihr Amt lebenslänglich, wählen fortan den Mayor, der auch Königs-Escheator (Verwalter der Kronheimfälle) wird, und mit ihm den einen der zwei Sheriffs (die drei sind nunmehr Stadthäupter), werden aber künftig aus den 12 Kleinvierteln gewählt (je 2 aus Einem) und verlieren die Executive theilweise an die neue Communitas von 60 in den Wards gewählten Freemen, die den anderen Sheriff ernennen. Dieser Sieg der Gewerke über die Oligarchie ist 1417 vollendet; fortan werden nur Zünftige Bürger, und das Eintrittsgeld fliesst theils der Zunft theils der Stadt zu. Diese Verfassung bestand bis 1835. Der gehaltvolle Aufsatz [mit Recht die Aufgabe örtlich beschränkend, welche inductive Methode allein zu einer Engl. Stadt-Gesch. verhelfen kann] benutzt aus dem Norwicher Stadtarchiv: 7 Leetrollen 1288–99, Stadtgerichtsprotokolle über Landveräusserung seit 1285 und das Book of pleas vom 15. Jh., das Privilegien-

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_215.jpg&oldid=- (Version vom 21.2.2023)