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geboren[1], also wenig älter als Constantin. Hässlich und unansehnlich von Gestalt[2], von ebenso viel Hochmuth wie Unfähigkeit, grausam, wollüstig und abergläubisch, besass er ausser seiner hohen Geburt keine Eigenschaft, welche die Gemüther der Unterthanen an ihn zu fesseln vermocht hätte. Später hat er sich freilich auch durch die unsinnige Verschwendung, mit der er seine Soldaten wieder und immer wieder reich beschenkte, deren Treue und Anhänglichkeit zu erhalten gewusst, obgleich er militärisch ganz untüchtig war und seine Heere fast immer durch Andere commandiren liess. Einstweilen wusste man von ihm im Reiche kaum viel mehr, als dass er der Sohn des Maximian und der Schwiegersohn des Galerius war[3], aber dies genügte, um ihn dem Legitimitätsgefühl der Massen zu empfehlen. Ob er mit seinem Willen auf den Thron erhoben ist, darf bei einem Menschen, der sich immer als Feigling erwiesen hat[4], wohl bezweifelt werden; denn damals musste es scheinen, als wenn der Römische Aufstand kaum eine andere Folge haben könne, als seinen Erwählten auf die Schlachtbank zu liefern. Constantin’s Unternehmen stützte sich auf ein starkes und sieggewohntes Heer; Maxentius dagegen besass keinen Schutz als eine Handvoll Stadtsoldaten, die ihre kriegerische Tüchtigkeit bisher nur in Circusraufereien und Gassentumulten erprobt hatten. Keine andere Hoffnung, seinen Kopf zu retten, blieb ihm übrig, als dass sich im Lager des Galerius selbst Stimmen für die Rechte des zurückgesetzten Kaisersohnes erheben würden, und diese sollte ihn nicht täuschen. Aber er hatte nicht, wie Constantin, unter den Soldaten der Grenzheere gelebt. Seine Person als solche war ihnen gleichgültig, und welche Anschauungen über sein Thronrecht unter ihnen herrschten, darüber konnten höchstens unsichere Gerüchte zu ihm gedrungen sein. Auch ihm selbst mussten also seine Aussichten beinahe verzweifelt erscheinen, aber der Zwang der Verhältnisse riss ihn fort; denn die Krone abzulehnen war noch gefährlicher als sie zu behaupten.

  1. Jahrbb. f. class. Philol. 1890, S. 625.
  2. Eumen. Paneg. IX, 4.
  3. Ephem. epigr. V S. 463.
  4. Vict. Caes. 40, 20; Julian. Caes. p. 329 A.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_273.jpg&oldid=- (Version vom 31.1.2023)