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aus Afrikanischen Soldaten[1], welche im Maurenkriege des Jahres 297 unter Maximian gefochten hatten und es für einen Frevel hielten, gegen den Sohn und Erben ihres siegreichen Kaisers die Waffen zu führen. Als sie nach jenem Kriege in Italien landeten (298), und später wieder im Jahre 303 hatten sie dem alten Kaiser bei seinen Besuchen in der Hauptstadt das Ehrengeleit gegeben, und die Spiele und Bewirthungen, mit welchen sie damals gefeiert waren, hatten sich tief ihrem Gedächtniss eingeprägt und liessen ihnen Rom als das Paradies ihrer Hoffnungen erscheinen[2]. Dass die Krone des Severus eigentlich dem Maxentius gebühre und dieser in seinem Rechte sei, wenn er nach dem Beispiel Constantin’s das ihm vorenthaltene Erbtheil kühn ergreife, war die Ueberzeugung der ganzen Masse. Endlich war derjenige, welcher im Heere die erste Stelle nächst dem Kaiser bekleidete und mit den Soldaten in viel engerem und unmittelbarerem Verkehr stand als dieser selbst, persönlich an das Interesse des Maxentius geknüpft. Der Gardepräfect Anullinus war, wie sein Name beweist, ein Verwandter, vielleicht gar der leibliche Bruder jenes Stadtpräfecten, der an der Erhebung des Kaisersohnes einen kaum unwesentlichen Antheil gehabt hatte und durch den Sieg des Severus zweifellos dem Henker verfallen wäre. Da sich dem Maxentius ein solches Werkzeug darbot, fiel es ihm nicht schwer, im feindlichen Heere grosse Geldsummen unter seinem Namen vertheilen zu lassen[3] und so die ohnehin schon günstige Stimmung der Soldaten völlig für sich zu gewinnen. Der unvorsichtige Augustus musste erleben, dass fast alle seine Truppen unter Führung des Gardepräfecten selbst in’s Lager des Feindes übergingen[4]. Mit dem kleinen Reste, der ihm die Treue noch bewahrte, floh er eilig nach Norden, vermuthlich in der Absicht, sich über die Alpen auf die Macht des Galerius zurückzuziehen. Da aber Maxentius mit dem neugewonnenen Heere ihm auf den Fersen folgte, konnte er sein Ziel nicht mehr erreichen, sondern musste unterwegs

  1. Zos. II, 10, 1.
  2. Lact. de mort. pers. 26; vgl. Eumen. Paneg. VI, 8.
  3. Zos. II, 10, 1; Vict. Caes. 40, 7.
  4. Eumen. Paneg. VI, 10; IX, 3; 15; Lact. de mort. pers. 26; Anon. Vales. 4, 9; Eutrop. X, 2, 4; Vict. Caes. 40, 7; Euseb. vita Const. I, 26; Socr. I, 2.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_275.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)