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Als seine Soldaten der unmittelbaren Berührung mit den Verführern in der Hauptstadt entzogen waren, wagte es Galerius, aufs neue Halt zu machen und mit Maxentius in Unterhandlung zu treten. Er verlangte jetzt nichts weiter, als dass dieser ihn zum zweiten Male um seine Anerkennung bitte, und indem er die Krone aus seiner Hand entgegennehme, das Ansehen des ohne Schwertstreich Geschlagenen vor dessen eigenen Truppen wiederherstelle. Doch was vor Kurzem noch das höchste Ziel von Maxentius’ Wünschen gewesen war, wurde jetzt mit Hohn zurückgewiesen[1].

Der herrschgewohnte Augustus musste sich auch diese Demüthigung gefallen lassen. Als die Verhandlungen gescheitert waren, setzte er schleunigst den Rückzug fort, in heller Angst, dass er, wie Severus, verfolgt werden könne. Denn in seinem Heere war jede Mannszucht, jede Achtung vor den Befehlen des Herrschers geschwunden; es bildete nur noch eine wüste, ordnungslose Masse, die trotz ihrer grossen Zahl selbst dem Angriff einer kleinen Macht nicht hätte widerstehen können. Aber Maxentius war zu feige, um seinen Vortheil auszunutzen. Dem Severus hatte er nachgesetzt, weil seine Ohnmacht augenscheinlich war; ein Heer, das an Kopfzahl dem seinen immer noch überlegen blieb, griff er ohne Noth nicht an. Er freute sich, dass es ihm persönlich nichts mehr that, und überliess Italien ohne jede Vertheidigung einem ganz unmenschlichen Plündern, Morden und Sengen. Denn den Ausschreitungen seiner aufgelösten Banden Einhalt zu thun, hätte Galerius nicht gewagt, selbst wenn er es gewollt hätte. Zudem hielt er es für das beste Mittel, einer Verfolgung vorzubeugen, wenn alles Land, das der Feind durchziehen musste, vorher zur Wüste gemacht war, und der Römische Kaiser gab ohne Bedenken weite und blühende Landschaften Italiens dem Verderben preis, nur um seine dicke Person vor einer eingebildeten Gefahr zu schützen[2].

Wie anders Constantin, den die moderne Geschichtschreibung als gewissenlosen Egoisten zu charakterisiren liebt! Maximian, seines alten Hasses gegen Galerius eingedenk, trieb und drängte, dass er diesen auf dem Rückzüge überfallen und sich seines Reichstheils bemächtigen solle[3]. Das Unternehmen wäre aussichtsreich

  1. Anon. Vales. 3, 6 ff.
  2. Lact. l. c; Anon. Val. l. c.
  3. Zosim. II, 10, 6.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_284.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)