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In Maximian reifte unter diesen Umständen der Plan, den Undankbaren seines Thrones wieder zu berauben, was auszuführen ihm ein Leichtes schien. Ohne den Zweck anzugeben, berief er das Heer zu einer Versammlung. Auch sein Sohn wollte der Staatsaction, deren Grund er nicht kannte, beiwohnen; denn da er nichts Gutes ahnen mochte, konnte er auf das Geltendmachen seines persönlichen Einflusses bei den Soldaten nicht verzichten. Auf erhöhtem Platze standen die beiden Kaiser vor den erwartungsvollen Truppen, die von einer neugierigen Volksmenge dicht umdrängt waren. Maximian nahm das Wort. In bewegter Rede schilderte er die Verwirrung, welche seit seiner Abdankung über das Reich hereingebrochen war; dann rief er, plötzlich zu seinem Sohne gewandt, dieser sei der Urheber alles Unglücks, seine Erhebung sei der Grund der Leiden, welche den Staat betroffen hätten, und riss bei diesen Worten den Purpur von den Schultern des Maxentius. Starr vor Staunen blickte die Menge auf diese bedeutungsvolle Handlung. Aber der Alte hatte sich das Publikum für seine Expectorationen schlecht gewählt. Die Verwirrung, welche er beklagte, war ja keinem willkommener gewesen, als den Soldaten, denen sie die Taschen mit unendlichen Geldspenden gefüllt und eine Garnison verschafft hatte, wie keine bessere zu denken war. Wenn er seinen Sohn verdrängte, wer schützte sie davor, dass er nicht wieder seine Residenz in Mailand nahm, und dann war es für die Mehrzahl von ihnen, wenn nicht gar für alle, mit dem lustigen Lotterleben der Hauptstadt vorbei. Als daher Maxentius vom Tribunal herab sich in die Arme der ihn auffangenden Soldaten stürzte, wurde er mit Jubelgeschrei empfangen, in das sich wilde Zornrufe gegen den unnatürlichen Vater mischten. An den geheiligten Leib des alten Kaisers Hand anzulegen, scheute sich die Menge noch; doch blieb sein Leben in der Nähe des gewissenlosen Sohnes und der aufgeregten Truppen so gefährdet, dass er bald aus Rom entwich und zu Constantin zurückkehrte[1]. Die Zeit seiner Flucht, durch welche auch die letzten Beziehungen zwischen den Beherrschern von Gallien und Italien abgebrochen wurden, scheint Mitte April 308 gewesen zu sein[2].

  1. Eumen. Paneg. VII, 14; IX, 3; Lact, de mort. pers. 28; 29; Anon. Vales. 3, 8; Zos. II, 11; Eutrop. X, 3, 1; Zon. XII, 33; Socrat. I, 2.
  2. Am 20. April trat, nach dem Chronographen, Maxentius mit seinem
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_287.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)