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einzige Beamte, welcher das Ansehen besass, um sich an seine Spitze zu stellen, der Vicar L. Domitius Alexander[1], war ein schwacher Greis von ruheliebender und furchtsamer Natur. Trotzdem wagte Maxentius, durch seine Orakel geschreckt, es nicht, ihn abzuberufen; doch forderte er von ihm als Geisel für sein Wohlverhalten die Auslieferung seines Sohnes. Der Vater, welcher den schönen Jüngling nicht den unsauberen Begierden des Wüstlings preisgeben wollte, leistete Widerstand. Bald darauf wurden ein paar gedungene Mörder ergriffen, welche der würdige Kaiser gegen seinen Vicar ausgesandt hatte. Jetzt sah Alexander, dass er sein Leben nur mit den Waffen beschützen könne, und liess sich von den Truppen, welche gern dazu bereit waren, mit dem Purpur bekleiden. Afrika war für den Beherrscher Italiens einstweilen verloren[2].

Die Folgen liessen nicht auf sich warten. In Italien, das jetzt von jeder äusseren Zufuhr abgeschnitten war, brachen furchtbare Hungersnöthe aus[3] und, wie immer, waren sie in der Hauptstadt von Tumulten der verzweifelten Volksmassen begleitet. Der rohe Tyrann erstickte das Geschrei des hungrigen Pöbels, indem er 6000 Menschen durch seine Prätorianer hinschlachten liess[4]. Auch unter den Truppen war die Mannszucht gelockert, was sich in Aufständen und Strassenkämpfen kundgab[5]. Bei all dem Blut und Jammer dachte Maxentius nur daran, seine Herrschaft zu geniessen. Kein schönes Weib, kein blühender Jüngling war vor brutalem Zwange sicher[6]; ungeheure Summen wurden in Spielen und Belustigungen aller Art verschleudert. Da auch die Soldaten durch stets erneute Geschenke bei guter

  1. Der volle Name CIL. VIII, 7004; das Amt auch CIL. VIII, 962 vgl. p. 1070.
  2. Zos. II, 12; Vict. Caes. 40, 17; 28; epit. 40, 2; 20. Ich habe in diese sehr verwirrten Berichte so viel Sinn hineinzubringen gesucht, wie dies eben möglich war, hoffe aber kaum, das Richtige ganz getroffen zu haben.
  3. Eumen. Paneg. IX, 4; Euseb. hist. eccl. VIII, 14, 6; vita Const. I, 36; Chron. v. 354 S. 148.
  4. Nazar. Paneg. X, 8; Vict. Caes. 40, 24; Euseb. hist. eccl. VIII 14, 3; vita Const. I, 35; Chronogr. v. 354 S. 148.
  5. Zos. II, 13.
  6. Eumen. Paneg. IX, 4; Nazar. Paneg. X, 8; Vict. Caes. 40, 19; Euseb. hist. eccl. VIII, 14, 2; 16; vita Const. I, 33; 34; Socr. I, 2.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_289.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)