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Staaten. Selbst der Handelsverkehr zwischen ihnen war gänzlich unterbrochen, weil jeder Kaufmann, der aus dem Gebiete des feindlichen Mitregenten kam, Gefahr lief, als Spion betrachtet zu werden und der Folter oder gar der Todesstrafe zu verfallen[1]. Licinius grollte ob der geraubten zwei Diöcesen; Maximinus lauerte nur auf die Gelegenheit, um auch Illyricum an sich zu reissen, und seiner rührigen Begehrlichkeit sollte es gelingen, auch die träge Natur des Maxentius endlich in Bewegung zu setzen.

So günstig für diesen schon mehrmals die Chancen gewesen waren, hatte er doch niemals den Ehrgeiz gehabt, über Italien hinaus, das ihm von selbst in den Schooss gefallen war und zur Befriedigung seiner Lüste vollauf genügte, die Grenzen seines Machtbereiches auszudehnen. Auch die Provinzen zwischen Alpen und Donau, welche bis zum Wiener Wald noch zur Norditalischen Diöcese gehörten, überliess er kampflos dem Licinius[2], ja er brüstete sich sogar, dass er die anderen Kaiser an den Grenzen für sich kämpfen lasse, während er im Centrum des Reiches mühelos die Herrschaft geniesse[3]. Selbst nach dem unentbehrlichen Afrika scheint er seine Hand nicht mehr ausgestreckt zu haben, seit böse Vorzeichen seinen ersten Kriegszug aufgehalten hatten. Jetzt aber bedurfte Maximin der Bundesgenossenschaft des römischen Tyrannen[4]. Nach seinem Plane sollte dieser den Theil der Donauprovinzen, welcher zu Italien gerechnet wurde und dem Beherrscher desselben von Rechtswegen zukam, zu besetzen versuchen[5], und indem er so die Heeresmacht Illyricums auf sich zog, für Maximinus selbst den Uebergang über den Bosporus freimachen. Licinius wäre dann von zwei Seiten zugleich angegriffen und wahrscheinlich erdrückt worden. Später

  1. Euseb. hist. eccl. VIII, 15.
  2. Der sicherste Beweis dafür ist die Norische Inschrift CIL. III, 5565, welche, im J. 311 gesetzt, den Maxentius nicht in der Reihe der legitimen Herrscher nennt und sich zur Datirung der Consulnamen bedient, welche nur in der Orientalischen Reichshälfte anerkannt waren. Vgl. S. 213 Anm. 2.
  3. Eumen. Paneg. IX, 14.
  4. Lact. de mort. pers. 43; 44; Euseb. hist. eccl. VIII, 14, 7.
  5. Zos. II, 14, 1. Diese etwas confuse Nachricht wird dadurch bestätigt, dass beim Ausbruch des Krieges die Hauptmacht des Maxentius thatsächlich in Verona, also auf der grossen Strasse nach den Donaulandschaften, nicht nach Gallien stand.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_302.jpg&oldid=- (Version vom 2.2.2023)