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Kampfweise, welche er genau kannte, hatte Constantin seine Truppen auf ein sehr schwieriges Manöver eingeübt, das die alten Söldner jetzt so exact, wie auf dem Exercierplatze, ausführten. Als der Keil vordrang, wich sein Centrum langsam zurück, ohne darum den Zusammenhang mit den Flügeln zu lösen, so dass die ganze Schlachtordnung aus einer geraden Linie sich allmählich in einen einspringenden Winkel verwandelte, der den Keil auf zwei Seiten dicht umschloss. Als der Feind, welcher im muthigen Vorgehen die Gefahr nicht bemerkte, fest in der Zange sass, liess Constantin zum Angriff blasen, und zwischen den Schenkeln des Winkels eingepresst, wurde das Heer fast aufgerieben. Auch die Eisenreiter vermochten nicht durchzudringen; denn ihnen war eine erlesene Schaar von Keulenträgern gegenübergestellt, welche mit wuchtigen Schlägen unter dem biegsamen Panzerhemd die Knochen zermalmten. Ein kleiner Rest der feindlichen Truppen konnte sich aus der tödtlichen Umklammerung lösen und rückwärts nach Turin fliehen, fand aber hier die Thore verschlossen und wurde noch angesichts der Rettung verheissenden Mauern niedergehauen[1]. Die Bürgerschaft hatte die zuchtlose Soldateska des Maxentius zur Genüge kennen gelernt und beeilte sich, die Gunst eines Siegers zu gewinnen, der in Susa so viel Grossmuth und so gute Disciplin gezeigt hatte.

Wie im Triumphe durchzog Constantin Oberitalien. Die Städte, welche mit schwerem Steuerdruck die Prasserei des Maxentius hatten bezahlen müssen und unter der Einquartierung seiner durchmarschierenden Banden schwer gelitten hatten, schickten ihrem Retter Festgesandte entgegen und überboten sich in jeder Art freiwilliger Leistungen für die Unterstützung seines Heeres. In Mailand verweilte er kurze Zeit und versuchte Unterhandlungen mit den in Verona stehenden Truppen zu eröffnen[2]. Aber die Soldaten sahen ihr Interesse mit dem ihres freigiebigen Kaisers zu eng verknüpft, um zum Abfall Lust zu verspüren. Ruricius rüstete sich sogar, Constantin entgegenzuziehen, und hatte seine starke Reiterei bereits bis Brescia vorgeschoben. Hier aber wurde sie überrascht und nach kurzem Kampfe auf Verona

  1. Eumen. Paneg. IX, 6; Nazar. Paneg. X, 7; 22–24.
  2. Eumen. Paneg. IX, 7.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_308.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)