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Stich. Ihre dünne Schlachtlinie warf die tiefen Rotten der Feinde; Ruricius selbst fiel, und das Gemetzel währte bis tief in die Nacht hinein. Ehe der Morgen anbrach, war das Entsatzheer zerstreut, und die siegreichen Truppen wieder unter die Mauern Veronas zurückgeführt[1].

Die Belagerten waren jetzt so eingeschüchtert, dass Constantin eine Abtheilung seines Heeres detachiren konnte, um Aquileja zu berennen. Als Beherrscherin des Julischen Alpenpasses, welcher die nächste Verbindung Italiens mit dem Reichstheile des Licinius herstellte, hatte diese wichtige Stadt wahrscheinlich eine kleine Besatzung des Maxentius aufnehmen müssen. Aber sehr bald schickte sie Gesandte an Constantin und ergab sich[2]; vermuthlich hatte die Einwohnerschaft dies von den Soldaten erzwungen. Endlich konnte auch Verona sich nicht länger halten; voll finsteren Trotzes streckte die ausgehungerte Besatzung die Waffen. Doch ihre Zahl war so gross und ihre Anhänglichkeit an Maxentius so unerschütterlich, dass Constantin entweder einen sehr ansehnlichen Theil seines Heeres zu ihrer Bewachung verwenden oder gefährliche Aufstände der Gefangenen befürchten musste. Um sie sicher hüten zu können, musste er sie in Fesseln schlagen, die eilig aus dem Eisen ihrer abgelieferten Schwerter geschmiedet wurden[3]. Noch wurde einige Zeit verwandt, um alle Städte Oberitaliens in Besitz zu nehmen, wobei eine kurze Belagerung Modenas nöthig wurde[4]. Doch der kaiserliche Feldherr scheute keinen Aufenthalt; für den schweren Kampf, der ihm noch bevorstand, musste seine Rückzugslinie und seine Verbindung mit Licinius völlig gesichert sein. So war der Herbst herangekommen, ehe der entscheidende Marsch auf Rom beginnen konnte[5].

Wenn Maxentius auch nur ein Drittel der grossen Armee, die er zu seinem Schutze in Rom festhielt, zum Entsatze Veronas geschickt hätte, so wäre Constantin’s Verderben allem Anscheine nach besiegelt gewesen. Aber die Unthätigkeit des Tyrannen, welche für den ersten Theil des Feldzuges die unerlässliche Bedingung

  1. Eumen. Paneg. IX, 8–10; Nazar. Paneg. X, 25–26.
  2. Eumen. Paneg. IX, 11; Nazar. Paneg. X, 27.
  3. Eumen. Paneg. IX, 11 ff.
  4. Eumen. Paneg. IX, 14; Nazar. Paneg. X, 27.
  5. Anon. Vales. 4, 12.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_310.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)