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Einstweilen wurde es in dem Triumphzuge, der am 29. October die Strassen der ewigen Stadt mit frohem Getümmel füllte[1], auf einer Stange vor dem Sieger hergetragen, und der Pöbel ergötzte sich daran, nach dem Antlitz, vor welchem er sechs Jahre lang gezittert hatte, mit Steinen und Koth zu werfen[2]. Keiner aber empfing den neuen Herrscher freudiger als der lang unterdrückte Senat, dessen Mitglieder endlich von der Furcht vor Confiscationen und Todesurtheilen aufathmeten. Constantin erwies ihm alle Ehrfurcht, welche seine grosse Vergangenheit beanspruchte[3], aber er that es nicht umsonst. Endlich schien ihm der Augenblick gekommen, um sich durch eine friedliche Macht, deren Befugniss unbestreitbar war, nicht durch die tumultuarischen Zurufe der Soldaten, aus der untergeordneten Stellung des jüngeren Augustus emporheben zu lassen. Der Senat ertheilte ihm auf seinen Wink bereitwillig die erste Stelle im Herrschercollegium und damit das Recht der Consulnernennung und der Gesetzgebung[4]. Von jener machte er sogleich Gebrauch, indem er sich selbst und Maximinus Daja für das nächste Jahr designirte[5]. Für das Reich sollte dies ein Zeichen sein, dass zwischen den überlebenden Kaisern die vollste Eintracht herrsche, für Maximinus selbst, dessen Umtriebe Constantin gewiss nicht mehr unbekannt waren, eine Aufforderung, den dargebotenen Frieden ehrlich anzunehmen.

Das erste Gesetz, welches aus der Kanzlei Constantin’s hervorging, verlieh der aufgeregten Bevölkerung Roms die Sicherheit, dass sie keine neuen Hinrichtungen und Confiscationen zu befürchten habe. Gleich nach seinem Einzuge hatte sich der Kaiser von Angebern umdrängt gesehen; selbst der Senat forderte gegen einige Creaturen des Maxentius, unter deren Willkür er besonders schwer gelitten hatte, Recht und Gericht[6]. Aber Constantin war entschlossen, die Diener, welche den Befehlen ihres

  1. CIL. I, S. 352; Euseb. h. e. IX, 9, 9; vita Const. I, 39.
  2. Eumen. Paneg. IX, 18; Nazar. Paneg. X, 31; Zos. II, 17, 1; Praxag. bei Phot. bibl. 62.
  3. Eumen. Paneg. IX, 20; Nazar. Paneg. X, 35; Cod. Theod. XV, 14, 4, ein Gesetz, das in diese Zeit gehört. Vgl. Zeitschr. f. Rechtsgeschichte X, S. 207.
  4. Lact. de mort. pers. 44. Vgl. Zeitschr. f. Rechtsgesch. X, S. 179.
  5. CIL. VI, 507 mit Mommsen’s Anmerkung.
  6. Eumen. Paneg. IX, 20; vgl. S. 197 Anm. 1.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_322.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)