Seite:De DZfG 1892 07 328.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schmerzlich empfand er es, dass er nicht, wie dieser, auch durch kaiserliche Abstammung das Legitimitätsgefühl der Truppen gewinnen konnte, und suchte diesem Mangel abzuhelfen, so gut es eben ging. Valeria, die Tochter Diocletians, hatte sich nach dem Tode ihres Gatten Galerius mit ihrer Mutter in seinen Reichstheil begeben, weil sie bei dem Neffen ihres Mannes am sichersten zu sein wähnte. Noch ehe ihr Trauerjahr abgelaufen war, verlangte er von derjenigen, welche erst kürzlich nach dem Rechte der Adoption seine Mutter gewesen war, dass sie ihm die Hand zur Ehe reichen solle, zu welchem Zwecke er seine Gattin zu verstossen bereit sei. Die edle Frau wies dies Ansinnen zurück, worauf ihre Güter eingezogen, ihr Gesinde unter Foltern ermordet, ihre Freundinnen auf schmähliche Anklagen hin zum Tode verurtheilt wurden. Sie selbst und ihre Mutter wurden verbannt; die Briefe Diocletians, der um die Rücksendung seiner Gattin und Tochter bat, hatten keinen Erfolg[1]. Der unglückliche Greis, welcher den Zusammensturz aller seiner Schöpfungen mit angesehen hatte, sollte auch noch die Ausrottung seiner ganzen Familie erleben, ehe er fünf Jahre später in das ersehnte Grab sank (3. Dezember 316)[2].

Nachdem dieser Plan, durch den Maximin sich auch nach dynastischem Rechte über seine Mitkaiser erheben wollte, an dem Widerstande Valeria’s gescheitert war, klammerte er sich nur um so fester an seine Götter an, auf deren Gunst er alle seine abergläubischen Zukunftshoffnungen gründete. Ihren Gegner, den Christengott, verfolgte er mit geradezu persönlichem Hasse, der wohl nicht zum wenigsten durch eine heimliche Furcht hervorgerufen wurde. Denn er kannte das Christenthum zur Genüge, um zu wissen, dass sein wüstes Leben ihm nicht erlaubte, die himmlische Macht, wie Constantin es vermocht hatte, sich auch für seine Zwecke dienstbar zu machen. Mit den heidnischen Dämonen, die nur reiche Opfer und Gelübde beanspruchten und an die Sittlichkeit keine Anforderungen stellten, liess sich jedenfalls besser auskommen.

  1. Lact. de mort. pers. 39–41.
  2. Hydat. Fast. 316. Ueber die abweichenden Datirungen bei Lact. de mort. pers. 42; Vict. epit. 39, 7 und Zos. II, 8, 1 vgl. Jahrbb. f. class. Philol. 1889, S. 628. Dass er an einer Krankheit gestorben sei, sagt ausdrücklich Euseb. hist. eccl. VIII, append. 3; vgl. Socr. I, 2.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_328.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)