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oft mochten die Soldaten Illyricums mit Neid auf ihre glücklicheren Kameraden im Osten hingeblickt haben, die immer von Neuem mit Geschenken überhäuft wurden und fast täglich Opferbraten schmausten. Mit denselben Mitteln, durch welche sich Maxentius die Treue des Römischen Heeres erkauft hatte, meinte sein Nachahmer die des Illyrischen erschüttern zu können. Er vergass dabei nur, dass auch die Seelen gesinnungsloser Landsknechte nicht nur durch Geld zu gewinnen sind und dass Licinius ein Krieger war, zu dessen Energie und Feldherrntalent der Soldat mit hoher Verehrung aufblickte. So stand es ihm denn fest, dass, sobald er mit Spenden und Versprechungen vor das Donauheer hintrete, dieses ohne Weiteres zu ihm übergehen werde; es galt nur, die Abwesenheit des Licinius auszunützen, damit die ersten Garnisonen, ohne durch die persönliche Autorität ihres Kaisers gehemmt zu sein, den weiter zurückstehenden Kameraden ein Beispiel geben könnten.

So brach denn Maximinus mitten im Winter aus Syrien auf und durchzog in doppelten Tagemärschen die schneebedeckten Gebirge Kleinasiens. In Regen und Schneegestöber blieben auf den durchweichten Strassen die Lastthiere des Heeres massenhaft liegen; aber er stürmte unaufhaltsam weiter. Was kam es darauf an, ob seine Ausrüstung vollständig blieb, wo er doch alles Heil vom Abfall der feindlichen Truppen erwartete? Mit 70 000 Mann gelangte er nach Byzanz und versuchte seine Künste zuerst an der kleinen Besatzung dieses wichtigen Ortes. Wider Erwarten scheiterten sie; elf Tage hielten sich die Licinianer und übergaben dann die Stadt, nicht um der Versprechungen des Tyrannen willen, sondern weil sie seinem übermächtigen Heere nicht länger widerstehen zu können meinten. Unterdessen war Botschaft nach Mailand gelangt, und Licinius eilte zurück in seinen Reichstheil. Was er unterwegs an Truppen aufraffen konnte, nahm er mit sich, und stand mit einem Heere von 30 000 Mann schon bei Adrianopel, als Maximinus eben erst mit der Belagerung von Heraclea, wohin er sich von Byzanz aus gewendet hatte, fertig geworden war. Von hier zog dieser auf der grossen Heerstrasse, welche durch Thrakien an die Donau führte, noch 18 Millien weiter nach der Poststation Tzirallum. Dort musste er Halt machen, weil Licinius schon die nächste Station Drizipara besetzt hatte. Jetzt lagen die beiden Heere nur drei deutsche

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_332.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)