Seite:De DZfG 1892 07 350.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

geschlossen[1] und den Christen nur noch unter freiem Himmel ausserhalb der Stadtmauern die Ausübung ihres Cultus gestattet[2]. Da man den Werken der Barmherzigkeit eine ganz besondere Heilskraft beilegte, wurde das augenfälligste derselben, der Besuch und die Speisung von Gefangenen, bei den härtesten Strafen untersagt[3]. Am wenigsten wollte der Kaiser Leute, die für seinen Widersacher beteten, in seiner Umgebung dulden; so wurde denn zuerst der Hof von den Christen purificirt, bald auch der ganze Beamtenstand und das Heer[4]. Es dauerte nicht lange, so begannen die Blutgerichte wieder gegen die Bischöfe zu wüthen[5]. Beim fünfzehnjährigen Regierungsjubiläum des Licinius (11. Nov. 323) wagten es selbst im Reichstheil Constantin’s einzelne Beamte, gegen die Christen Zwang anzuwenden, damit sie sich an den Opfern für das Heil des Kaisers betheiligten[6].

Schon bei den ersten Symptomen der Christenverfolgung hatte Constantin erkannt, dass ihm ein neuer Bürgerkrieg bevorstehe, und seine Rüstungen begonnen[7]. Im Winter 322/23 legte er in Thessalonica einen Kriegshafen an, liess mehr als 2000 Transportfahrzeuge zusammenbringen und 200 Schlachtschiffe bauen, welche er mit 10 000 Matrosen bemannte. Denn da der Kampf jedenfalls einen Uebergang über den Bosporus nöthig machen musste, so forderte er eine starke Machtentfaltung zur See. Dazu wurden an Landtruppen 120 000 Mann Fussvolk und 10 000 Reiter aufgeboten, ein Heer, wie Constantin es noch nie zu einem Feldzuge concentrirt hatte[8]. Der Gegner war freilich wieder trotz seines dreimal kleineren Gebietes noch stärker, denn er scheute sich nicht, um seiner persönlichen Händel willen die Grenzen zu entblössen und den Barbaren preiszugeben[9]. Seine Flotte bestand aus 350 Segeln, sein Heer aus 150 000 Mann

  1. Euseb. hist. e. X, 8, 15; laud. Const. 9, 13; vita Const. II, 2.
  2. Euseb. vita Const. I, 53.
  3. Euseb. h. e. X, 8, 11; vita Const. I, 54, 2.
  4. Euseb. h. e. X, 8, 10; vita Const. I, 52; 54; Hieron. chron. 2337.
  5. Euseb. h. e. X, 8, 14; 17; vita Const. II, 1 ff.; Hieron. l. c. Wie gross die Zahl der Opfer war, ist eine Frage, die sich nie wird beantworten lassen; auch scheint sie mir historisch ganz gleichgültig.
  6. Cod. Theod. XVI, 2, 5; vgl. Zeitschr. f. Rechtsgesch. X, S. 230.
  7. Euseb. vita Const. II, 3.
  8. Zosim. II, 22, 1.
  9. Anon. Vales. 5, 21: neglectos limites.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_350.jpg&oldid=- (Version vom 4.2.2023)