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zurückzuziehen und bei Elaius am Eingange des Hellespont mit dem Gros seiner Flotte zu vereinigen[1]. Am andern Morgen setzte ihm Abantus nach, war aber sehr erstaunt, als er statt der wenigen Schiffe, gegen die er am Tage vorher geschlagen hatte, eine so grosse Anzahl vorfand. Er zögerte mit dem Angriff, und auch Crispus blieb ruhig im Hafen. Da drehte sich gegen Mittag der Wind, welcher vorher von Norden geblasen und die Fahrt des Abantus unterstützt hatte, und verwandelte sich in einen furchtbaren Sturm aus Südwesten. Die Schiffe Constantin’s, welche im Schutze des Hafens lagen, wurden dadurch nicht geschädigt; die des Licinius dagegen erfasste er in der freien Meerenge und schleuderte sie gegen die Felsen des Asiatischen Ufers. 130 Fahrzeuge gingen zu Grunde, 5000 Seesoldaten ertranken; nur mit Mühe rettete sich der Feldherr selbst[2].

In diesem Kampfe, der mehr als einer der vorhergehenden den Charakter eines Religionskrieges an sich trug[3], war wieder einmal der Christengott in Sturm und Wetter für seinen Schützling eingetreten, und die moralische Wirkung davon musste noch bedeutender sein, als der unmittelbare Erfolg, so gross dieser auch war. Licinius, der jetzt auch vom Meere abgeschnitten werden konnte, verliess, noch ehe die feindliche Flotte herankam, mit den besten und zuverlässigsten seiner Truppen Byzanz und setzte nach Asien über, um sich an die Spitze der dort angesammelten Macht zu stellen[4]. Seiner ohnmächtigen Wuth über die Niederlage gab er auch jetzt wieder dadurch Ausdruck, dass er Constantin’s Absetzung aussprach und an dessen Statt seinen Hofmarschall Martinianus zum Augustus ernannte[5]. Noch immer

  1. Zos. II, 23, 2 ff.
  2. Zos. II, 24; Anon. Vales. 5, 26.
  3. Euseb. vita Const. II, 5. Die Geschichte ist freilich erfunden, zeigt aber trotzdem, wie die Zeitgenossen diesen Krieg auffassten. Vgl. Keim, Der Uebertritt Constantin’s S. 53.
  4. Anon. Vales. 5, 27; Zos. II, 25, 1; Vict. Caes. 41, 7.
  5. Anon. Vales. 5, 25; Zos. II, 25, 2; Vict. Caes. 41, 8; epit. 41, 6. Auch hier wieder werden die Schriftsteller, welche den Martinianus Caesar nennen, durch die Münzen widerlegt. Cohen VII², S. 224. Die Zeit der Ernennung Martinian’s, über welche die Quellen schwanken, wird dadurch bestimmt, dass seine Münzen alle in Nicomedia, keine in der Prägstätte von Cyzicus geschlagen sind; denn auf die Lesung des halbbarbarischen Stückes bei Cohen, Martinien 2, ist kein Verlass. Wenn aber jene Insel nicht mehr in den Händen des Licinius war, so muss er die Seeherrschaft
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_354.jpg&oldid=- (Version vom 4.2.2023)