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die geringste Kunde vom Feinde besässe, welche man nothwendigerweise haben müsse, und dadurch, dass man sich jenes Platzes versichere, leicht einholen könne.“ Nachdem dies beschlossen, fragte es sich, „wie man sich Havelbergs bemächtigen könne, da man keine bestimmte Nachricht habe, ob oder wie der Ort besetzt sei, oder ob sich überhaupt irgendwelche feindliche Truppen in der Umgegend desselben befänden“. Und dabei stand die Cavallerie seit beinahe 14 Tagen ca. 7 Meilen von Havelberg! Ganz ähnlich lagen die Dinge später, wo während der zur Schlacht bei Fehrbellin führenden Rückzugsgefechte Wolmar Wrangel entweder keine Nachricht von den Vorgängen bei seiner Arrière-Garde oder kein Verständniss für deren Bedeutung hatte; v. Staël erklärt[1], er sei am 18. Morgens von der Artillerie abcommandirt worden, zu einer Zeit „da man noch nicht das Geringste vom Feinde gehört hatte“; seine Abcommandirung würde nicht stattgefunden haben, „wenn man nur das Geringste vom Feinde gewusst hätte, oder dass ein Kampf an diesem Tage stattfinden würde“; Wolmar Wrangel würde sich nicht zweimal von der Armee weg nach Fehrbellin hinein begeben haben, „wenn er hätte ahnen können, dass ein Treffen bevorstünde“.

Es ist ganz wunderbar zu sehen, wie während dieses kurzen Feldzuges die Schwerfälligkeit der Schweden, deren Heeresleitung wie von Altersschwäche befallen erscheint, und eine Reihe überaus glücklicher Zufälle dem strategischen Genie und dem kriegerischen Muthe – um nicht zu sagen Verwegenheit – des Kurfürsten in die Hände arbeiteten!




Betrachten wir nun, wie es letzterem möglich geworden, noch in der zwölften Stunde die Pläne des Feindes so zu durchkreuzen und zu verwirren, dass derselbe gezwungen wurde, in schleunigem, mit schwerem Verluste an Menschen und Kriegsmaterial verbundenem Rückzuge in sieben Tagen das Land zu räumen, mit dessen Occupation er schon im vergangenen Jahre begonnen, und in dessen eigentlich unbestrittenem Besitz er sich nun seit sechs Wochen befunden hatte.

Schon am 6. Januar hatte der Kurfürst seinem Statthalter in der Mark, Fürst Johann Georg von Anhalt, geschrieben, er sei mit

  1. v. Staël 46. 47.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_378.jpg&oldid=- (Version vom 15.2.2023)