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Briefe zahlreicher Fürsten und anderer einflussreicher Personen herangezogen und in den umfassenden Einleitungen für das Verständniss der von ihm publicirten Actenstücke einen werthvollen Beitrag geliefert hat. So bieten diese beiden Bände eine wahre Fundgrube mannigfaltiger und zum Theil bedeutender Nachrichten zur Geschichte der Jahre 1533–1539, obwohl die beiden Nuntien Vergerio und Morone, deren Berichte den Grundstock bilden, an sich keineswegs in der Lage waren, vom Hofe König Ferdinand’s aus sehr erhebliche Mittheilungen namentlich über die Deutschen Angelegenheiten zu machen. Denn dieser König Ferdinand stand mit dem Reiche, das er für seinen Bruder regieren sollte, in einem merkwürdig geringen Verkehr und übte einen noch geringeren Einfluss auf dasselbe. Wenn Vergerio öfter aus Rom den Vorwurf hören muss, dass seine Berichte gar zu wenig enthielten, so lautet seine Antwort, an diesem Hofe erfahre man eben aus dem Reiche nicht viel. In der That beschäftigen sich die Berichte der beiden Nuntien fast mehr mit Ungarn als mit Deutschland, wie denn für König Ferdinand Ungarn damals viel mehr Interesse hatte als Deutschland. Erst als sich Vergerio 1535 auf die Reise begibt, um die verschiedenen Deutschen Stände für die Concilspläne Paul’s III, zu gewinnen, erst da tritt Deutschland entschieden in den Vordergrund. Nichtsdestoweniger sind die Berichte auch da, wo sie von dem schweigen, was wir zunächst in ihnen suchen, lehrreich. Wie es eigentlich mit dem Regiment König Ferdinand’s, mit seinen Beziehungen zum Reiche und den verschiedenen Ständen, wie es mit der damaligen Lage der katholischen Kirche im Reiche eigentlich bestellt war, davon erhalten wir erst durch diese Berichte eine deutliche Vorstellung, welche uns ebenso in die Art, wie die Curie die Deutschen Angelegenheiten behandelte, manche bedeutsame Blicke thun lassen.

In den eigentlichen Kern der damaligen päpstlichen Politik dem Reiche gegenüber gelingt es allerdings nicht einzudringen; denn über das, was die Curie in der grossen religiösen Frage erstrebte, wurde nicht sowohl mit König Ferdinand, als mit Karl V. verhandelt, da sie sehr wohl wusste, dass die Entscheidung über alle wichtigen Dinge beim Kaiser ruhte. Es ist desshalb ein empfindliches Missgeschick, dass die Reihe der Spanischen Nuntiaturberichte erst mit dem Jahre 1539 beginnt. Sollten aber nicht wenigstens einzelne Stücke in den Farnesianischen Papieren zu Neapel und Parma zu finden sein? Und wenn auch das nicht der Fall wäre, so müsste in Spanien nachgeforscht werden. Es lag das natürlich ausserhalb der Aufgabe des Herausgebers, aber wir dürfen uns nicht darüber täuschen, dass wir über den Gang der Kirchenpolitik in den dreissiger Jahren ohne

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_414.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)